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Krefeld Stadtarchiv erhält neues "Hygiene-Set"

Krefeld · Mäuse, Milben und Wasser gehören zu den Todfeinden eines Archivs. Das Krefelder Stadtarchiv hat jetzt aufgerüstet im Kampf gegen die Zerstörer wertvoller Archivalien.

 Glücklich über Spezialstaubsauger und Luftreiniger: (v.l.) Restaurator Volker Hingst, Claudia Kauertz und Olaf Richter.

Glücklich über Spezialstaubsauger und Luftreiniger: (v.l.) Restaurator Volker Hingst, Claudia Kauertz und Olaf Richter.

Foto: Lammertz Thomas

Vor Notfällen wie einem Wasserschaden oder einem Wassereinbruch nach einem Starkregen ist das Krefelder Stadtarchiv bisher verschont geblieben. Dennoch freut sich die Archivleitung über das neue Hygiene-Set, das Claudia Kauertz, die Leiterin des Archivberatungs- und Fortbildungszentrums des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR-AFZ) dem Stadtarchiv übergeben konnte. 580 Archive betreut das LVR-AFZ, 20 dieser 1400 Euro teuren Hygiene-Sets konnte das Beratungszentrum mit Hilfe der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erwerben. !0 davon wurden bereits ausgeliefert, das Krefelder Stadtarchiv ist das elfte, das ein solches Set erhält. In eigenen Seminaren führt das Archivzentrum die Archivare in den Umgang mit dem Hygiene-Set an.

 Schonend wie ein feiner Staubpinsel arbeitet die kleine Bürste, die auf den Spezialsauger aufgesetzt wird.

Schonend wie ein feiner Staubpinsel arbeitet die kleine Bürste, die auf den Spezialsauger aufgesetzt wird.

Foto: TL

Bevor das Stadtarchiv 1982 eigene Räumlichkeiten hinter dem Stadthaus beziehen konnte, war es im Rathaus untergebracht. Hier griff eine tätige "Archivkatze" in das damalige muntere Tierleben ein, die das wertvolle, über den Krieg gerettete Krefelder Kulturgut vor Mäusefraß bewahrte. Über diese Form von Vorsorge ist die technische Entwicklung hinweggegangen. "Im Landesarchivgesetz werden wir verpflichtet, das Archivgut auf ewig zu bewahren", sagte Richter. "Das bedeutet, dass wir Staub und Schmutz, Schimmel und Bakterien in unseren Magazinräumen ständig bekämpfen müssen. Wenn demnächst das Stadtarchiv seine Fläche auf das Doppelte erweitert, soll ein Schwarzlichtraum eingeführt werden, in dem hoch kontaminierte Bestände analysiert und gereinigt werden. Der Raum wird dann als Schleuse zum Magazin dienen, denn die gereinigt ausgelieferten Bestände sollen hygienisch einwandfrei an ihren alten Platz gelangen, ohne erneut als Ansteckungsherd zu dienen. Das neue Hygiene-Set wird dann in dem Schwarzlichtraum dauerhaft stationiert; bis dahin wird es mobil zum Einsatz kommen. Der Mappe, die der stellvertretenden Archivleiter Christoph Moß auf den Tisch legte, sah man an, dass sie lange im Regal gelegen hatte. An den Rändern hatte sich das ursprüngliche Blau in ein schmutziges Schwarz verfärbt.

Ein Kontrollstrich mit dem Zeigefinger verwies auf die Ursache: Luftfeuchtigkeit hat Schimmel hervorgerufen. Dieser hat in dem Papier ein Trägermedium gefunden und den in der Luft befindlichen Staub als Substrat "verbaut", um sich weiter zu entwickeln. "Wertvolles Archivgut wird so dauerhaft beschädigt. Schimmel tritt in feuchten Räumen bereits nach 48 Stunden auf", erklärte Archivleiter Olaf Richter.

Das Hygiene-Set besteht aus einem wie ein PC-Tower geformter Luftaustauscher, dessen Herzstück ein großer, rechteckiger Feinfilter ist. Der Luftaustauscher arbeitet beinahe lautlos. Ein Steuergerät zeigt den jeweiligen Filterwechsel an. Ein Hygiene-Staubsauger, dessen Saugleistung elektronisch eingestellt werden kann, besitzt zwei High-Efficiancy-Filter, die abhängig vom Reinigungsgut eingesetzt werden können. Am Ende des Saugarms sitzt eine kleine Bürste, mit der das Sauggut abgestreift und dann von dem Saugrohr in das Innere des großen Aufnahmebeutels gesaugt wird. Der Inhalt der Filter wird wie Sondermüll entsorgt, der Inhalt des Beutels geht in den Normalmüll.

Assistiert von Volker Hingst, dem Leiter der Werkstatt für Papieraufbereitung im LVR-AFZ, streicht Claudia Kauertz mit der Staubsaugerbürste energisch über die Ränder des blauen Einbands. Allmählich taucht die ursprüngliche blaue Farbe wieder auf.

Ebenso verfährt sie mit dem Inhalt, bei dem sie äußerst vorsichtig vorgeht. "Bis 1840 wurde ein gegen den Alterungsprozess ziemlich resistentes Papier verwendet", erzählt Hingst. "Danach verwendete man säurehaltige Papiere, die schnell zerfallen."

Einige kleinere Archive haben sich in Krefeld zu einem Archiv-Verbund zusammengetan, so die Archive der Firma Kleinewefers oder des Bürgervereins Fischeln. Nach dem Brand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar 2004 oder dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 ist der Blick auf vorsorgliche Maßnahmen der Erhaltung einmaligen Kulturgutes geschärft worden.

So wirbt Archivchef Olaf Richter dafür, dass auch andere kleinere Krefelder Archive von dem neuen Hygiene-Set Gebrauch machen und ihr Archivgut zukunftssicher machen. Das Stadtarchiv wird hierbei jede Unterstützung geben.

(oes)
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