Krefeld Stiftung investiert Millionen in Weberviertel an Lewerentzstraße

Krefeld · Es ist ein beispielloser Vorgang in Krefeld: Eine Stiftung investiert Millionen in ein ganzes Viertel. Das Ziel: Den Lebensraum Stadt verbessern. Davon profitiert der Lewerentzblock. Glanzpunkt: Der Ausbau der alten Samtweberei.

 Prachtvoller Bau: 1880 bis 1890 wurde die Samtweberei Scheibler & Peltzer in Krefelds textiler Blütezeit gebaut. Nach der industriellen Nutzung hatte dort bis 2007 die Schulverwaltung ihren Sitz, bevor sie ins Behnisch-Haus umzog.

Prachtvoller Bau: 1880 bis 1890 wurde die Samtweberei Scheibler & Peltzer in Krefelds textiler Blütezeit gebaut. Nach der industriellen Nutzung hatte dort bis 2007 die Schulverwaltung ihren Sitz, bevor sie ins Behnisch-Haus umzog.

Foto: T. L.

Es hat etwas von einem überdimensionalen Laborversuch: Kann man ein ganzes Viertel mit nicht unproblematischen Rahmenbedingungen durch eine ambitioniert soziale städtebauliche Entwicklung aufwerten? Die in Bonn ansässige "Montag Stiftung Urbane Räume" antwortet mit Ja und nimmt für diese Überzeugung viel Geld in die Hand: Sie investiert 7,2 Millionen Euro in den Lewerentzblock, das Viertel entlang der Lewerentzstraße. Ziel ist es, das Viertel "zu einem lebenswerten Stadtbaustein der Gesamtstadt zu entwickeln".

Ursprünglich sollte auch die Wohnstätte als Investor auftreten, hat es aber aus stiftungsrechtlichen Gründen nicht getan. Doch die Stiftung war überzeugt von dem Projekt, begeistert von dem Viertel und stemmt die Investitionen nun allein.

Die Idee: Ein Stadtteil, der seine Probleme hat, soll aufgewertet werden. Morgen stellen Stiftung und Stadt das Projekt vor. Die Bewohner des Viertels sollen eingebunden werden. Schon im Oktober fand eine Anwohner-Befragung statt; Dienstag, 17 bis 20 Uhr, ist im Südbahnhof eine Informationsveranstaltung für die Anwohner, in der die Ergebnisse der Befragung und das Projekt vorgestellt werden. Der Abend soll auch Ideenbörse sein und Gelegenheit zum Austausch bieten.

Die Bevölkerung in der Südweststadt ist eher sozial schwach und von einem hohen Migrantenanteil geprägt — Einwanderer, die offenbar abgeschottet in ihren Volksgruppen leben. Probleme werden von Frauke Burgdorff, Vorständin der Montag Stiftung, und Krefelds Planungsdezernent Martin Linne in einem Einladungsschreiben an die Bewohner des Viertels nicht verschwiegen: "Viele Menschen leben gern dort", heißt es, es gebe "kulturelle Vielfalt", "gute Wohnmöglichkeiten zu erschwinglichen Mieten", aber eben auch "Verwahrlosung im Straßenraum" und "fehlendes Miteinander".

Das Viertel solle "als lebendiger und offener Stadtteil" weiterentwickelt werden: "Als Motor der Entwicklung ist beabsichtigt, die Alte Samtweberei an der Lewerentz-/Ecke Tannenstraße sozialverträglich zu sanieren und mit einem passenden Mix aus unterschiedlichen Nutzungen wiederzubeleben." Zugleich sollen "Möglichkeiten und Räume zum Austausch der Bewohner untereinander geschaffen werden".

Die Alte Samtweberei soll für sechs Millionen Euro saniert und dann für sechs bis acht Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Gedacht ist an einen Mix aus Raum für Dienstleistungen im Erdgeschoss sowie Wohnungen und Lofts im Obergeschoss.

Das Torgebäude Lewerentzstraße 104a soll für eine Million Euro hergerichtet werden — im Erdgeschoss sollen ein Stadtteilcafé und Gastronomie Raum finden. Reizvoll: Der Zugang zum Hof der Samtweberei bietet sich als Raum für Außengastronomie an. Im Obergeschoss sollen Wohnungen oder Lofts für Ateliers oder Ähnliches für Freiberufler entstehen und ein Nachbarschafts- und Vereinstreff. Erhoffter Mietpreis hier: 4,50 bis 5,50 Euro pro Quadratmeter.

Drittes Projekt: Das Verwaltungsgebäude Lewerentzstraße 104 soll für 195.000 Euro für fünf Jahre als Bürohaus für Stadtteilunternehmen in Betrieb gehen. Erhoffte Mieteinnahmen hier: drei bis fünf Euro pro Quadratmeter.

Die Stiftung will die Entwicklung des Viertels über drei bis fünf Jahre begleiten und jährlich mit 60.000 bis 80.000 Euro fördern — das Geld soll aus den Mieteinnahmen finanziert werden.

(spol)
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