Debatte über Sperrbezirk in Krefeld Straßenprostitution: Polizeipräsident empört über Politik

Krefeld · Ungewöhnlich emotional und scharf hat sich Krefelds Polizeipräsident Rainer Furth zur Debatte zum Thema Straßenprostitution in der Krefelder Kommunalpolitik geäußert: "Ich habe mich noch nie so empört wie in diesen Tagen", sagte er vor Journalisten.

 Krefelds Polizeipräsident Rainer Furth ist der Meinung, die Politik vergreife sich bei ihrer Kritik

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Foto: Thomas Lammertz

Er ist empört darüber, dass in einigen Debattenbeiträgen in der Politik der Eindruck suggeriert werde, dass die Polizei sich nicht für die Sorgen und Nöte der Bürger interessiere und Straßenprostitution wie Prostitution überhaupt dulde oder ihnen gleichgültig gegenüberstehe.

Furth: "Einer meiner Mitarbeiter wurde 'Defätist' genannt"

Prostitution und Bordelle 2018 in NRW
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Hintergrund: Furth hatte sich in einer Stellungnahme für Oberbürgermeister Gregor Kathstede dagegen ausgesprochen, den Sperrbezirk auszuweiten, um den Straßenstrich aus dem Umfeld der Neuen Ritterstraße zu verdrängen. Darüber war im Ordnungsausschuss des Rates lange debattiert worden. Sprecher von CDU und SPD hatten Furth dafür kritisiert, dass er im Straßenstrich keinen "herausragenden Problembereich" sehe.

Besonders empört ist Furth darüber, dass einer seiner Mitarbeiter als "Defätist" bezeichnet worden sei. Furth bezeichnete dies als "unerhörte Entgleisung, insbesondere dann, wenn man weiß, was Defätismus im Sprachgebrauch des Dritten Reiches bedeutete". Während der Nazi-Zeit stand auf Defätismus — gemeint waren unliebsame oder pessimistische Äußerungen über den Kriegsausgang — die Todesstrafe.

"Ich persönlich halte Prostitution für unwürdig"

Die Stellungnahme zum Thema Sperrbezirk sei aus polizeifachlicher Sicht erfolgt und habe nichts damit zu tun, wie er oder seine Kollegen zu Prostitution stünden und ob die Polizei Sorgen und Nöte von Bürgern, die im Umfeld des Straßenstrichs lebten, verstünden. "Das wurde ich doch gar nicht gefragt", betonte Furth. "Ich persönlich halte den Umstand, dass sich Frauen für 20 Euro für alles gefügig machen, für menschenunwürdig", sagte er.

Das unter Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz, das Frauen schützen und die Szene aus dem Halbdunkel holen sollte, halte er persönlich für gescheitert. Für die Polizeiarbeit gelte aber nun mal: "Wir müssen die Tatsache hinnehmen, dass Prostitution legal ist." Die Prostituierten auf dem Straßenstrich könnten bei Kontrollen alle nötigen Unterlagen beibringen. Ausweis, Steuernummer, Gewerbeschein — damit habe die Polizei keine Handhabe mehr, zumal die Frauen oft aus Düsseldorf kämen.

"30 Grad, 20 Quadratmeter, elf Freier, drei Frauen."

Furth sieht die viel größeren Probleme in Krefeld in der Prostitution in geschlossenen Bordellen. Im Kronprinzenviertel gebe es 20 Objekte mit 60 Wohnungen, in denen Hunderte Prostituierte arbeiteten: "Ich frage mich: Was findet in diesen Wohnungen statt?" Bei einer Durchsuchung habe es ein Kollege auf die Formel gebracht: "30 Grad, 20 Quadratmeter, elf Freier, drei Frauen."

Empört ist Furth auch deshalb über Kritik aus der Politik, weil er es gewesen sei, der das Thema vor einem Jahr überhaupt in den Fokus gerückt habe. "Ich habe damals den Satz gehört: Das will in Krefeld niemand wissen." Um die Szene auszuleuchten, sei aber nicht die Polizei da; dies sei Aufgabe diverser Behörden, die mit Fragen nach Hygiene, Gewerbe- und Steuer- sowie Baurecht befasst seien. Überhaupt plädierte Furth dafür, dass, wer immer mitdiskutiere, sich mit Fakten, Richtlinien, Aufgaben und Zuständigkeiten vertraut mache.

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