Krefeld SWK-Chef: Sahara-Projekt ist politisch gescheitert

Krefeld · Der SWK-Chef kritisiert die Energiewende als "schizophren". Dennoch sagt er: Sie ist notwendig, und nur ein Land wie Deutschland kann ein Konzept dafür ersinnen.

 „ Die Sahara-Länder gehören nun mal nicht zu den stabilsten“: SWK-Vorstand Carsten Liedtke zu der Frage, warum das Projekt, Sonnenstrom aus der Sahara für Europa zu nutzen, gescheitert ist — technisch wäre es möglich.

„ Die Sahara-Länder gehören nun mal nicht zu den stabilsten“: SWK-Vorstand Carsten Liedtke zu der Frage, warum das Projekt, Sonnenstrom aus der Sahara für Europa zu nutzen, gescheitert ist — technisch wäre es möglich.

Foto: Lammertz, Thomas

Das technisch als machbar eingestufte Projekt, Europa mit Sonnenstrom aus der Sahara zu versorgen, ist nach Einschätzung des Krefelder SWK-Chefs Carsten Liedtke im RP-Gespräch vor allem aus politischen und ökonomischen Gründen gescheitert: "Die Sahara-Länder gehören nun mal nicht zu den stabilsten. Und es gehört zur Ironie der Geschichte, dass die Energiewende mit dazu beigetragen hat, den so erzeugten und transportierten Strom in unserem Land unwirtschaftlich zu machen", sagte er auf Anfrage.

Liedtke kritisierte, dass die Energiewende in Deutschland schlecht durchdacht und schizophren sei: "Wind- und Sonnenenergie werden subventioniert und haben garantierte Preise bei garantierter Abnahme. Das Aufeinandertreffen dieses neuen Systems auf den Markt, den die Politik 1998 für alle Stromproduzenten geschaffen hat, führt dazu, dass als erstes die Kraftwerke verdrängt werden, die die teuersten Produktionskosten pro Kilowattstunde haben, und das sind ausgerechnet die Kraftwerke mit der besten CO2-Bilanz, nämlich moderne Gaskraftwerke. Das ist das Schizophrene an dieser Energiewende: Als Erstes fliegen die Kraftwerke aus dem Markt, die am klimafreundlichsten sind. Ein Beispiel ist das Gaskraftwerk in Hamm, an dem wir beteiligt sind. Wir müssen es vom Netz nehmen, weil es wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben ist."

Liedtke betonte die Notwendigkeit großer konventioneller Kraftwerke: Es gebe in Deutschland immer wieder Stunden, Tage, ja Wochen ohne Wind und Sonne. "Für diese Phasen brauchen Sie konventionelle Kraftwerke, wenn wir keinen Blackout riskieren wollen." Er zeigte sich überzeugt, dass der Konflikt mit Russland nicht zu Engpässen bei der Gasversorgung führen wird: "Zum einen haben wir weltweit gerade sogar eine leichte Überversorgung mit Gas — das hängt damit zusammen, dass die Amerikaner im großen Stil mit Fracking Gas und Öl fördern. Zum anderen hat Russland auch in den schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges seine Lieferverträge erfüllt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gazprom den Gashahn zudreht. Die wissen auch, dass sie dann an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen."

Subventionen für Kraftwerke lehnt Liedtke ab — er fordert stattdessen marktwirtschaftliche Reformen der Energiewende: "Subventionen braucht die Energiewirtschaft sicher nicht, und niemand sollte danach schreien. Wir hatten vor der Energiewende 1998 eine marktwirtschaftliche Reform des Energiemarktes. Das Ziel war es, mehr Wettbewerb zu schaffen und dadurch den Preis moderat zu halten. In diesen liberalisierten Markt hat man mit der Energiewende eingegriffen - um politische Ziele durchzusetzen. Dabei hat man aber die marktwirtschaftlichen Prinzipien Zug um Zug verlassen."

Bei aller Kritik im Detail: Grundsätzlich befürwortet Liedtke die Notwendigkeit einer Energiewende: "Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass wir die Ziele der Energiewende bejahen und teilen. Uns ist selbstverständlich bewusst, dass fossile Energieträger endlich sind. Es geht nicht um das Ob, es geht um die Art der Umsetzung, um das Wie." Zudem ist er überzeugt, dass nur ein hochentwickeltes Land wie Deutschland "ein Konzept ersinnen, wie diese Wende zu bewerkstelligen ist".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort