Krefeld Tanzpremiere unter den Platanen

Krefeld · Eine außergewöhnliche Tanz-Uraufführung erleben die Krefelder am 10. August: Das Kaiser Antonino Dance Ensemble entwickelt eine Produktion für den Schönwasserpark. "Protected Zone" thematisiert das Schutzbedürfnis des Menschen

 Für die Wirkung von Licht und Schatten sorgen die Platanen im Schönwasserpark: Die Musiker (links) und die Tänzer vom Kaiser Antonino Dance Ensemble machen die Wiese zur Bühne. Sie agieren frei im Gelände. Auch die Zuschauer können sich frei bewegen - Stühle gibt es nicht.

Für die Wirkung von Licht und Schatten sorgen die Platanen im Schönwasserpark: Die Musiker (links) und die Tänzer vom Kaiser Antonino Dance Ensemble machen die Wiese zur Bühne. Sie agieren frei im Gelände. Auch die Zuschauer können sich frei bewegen - Stühle gibt es nicht.

Foto: Wolfram Lakaszus

Für einen Moment hat Arvi Kaiser der Atem gestockt: Als der Tänzer und Choreograf zum ersten Mal um das Haus Schönwasser herum ging und sich ihm der Blick auf den Park mit den Platanen und dem Springbrunnen eröffnete, dachte er sofort an Versailles. "Es sind diese Proportionen klassischer Schönheit, aber doch nicht so geleckt wie Versailles, sondern ursprünglich und kraftvoll durch die Bäume", sagt er. Gleich wusste er: Das ist der Ort, an dem er tanzen wollte. Und so wird der Platanenhain im Schönwasserpark die Kulisse für eine außergewöhnliche Premiere: Am Sonntag, 10. August, hat die Tanztheaterproduktion "Protected Zone" hier Uraufführung unter freiem Himmel.

"Krefeld ist besonders, weil man sich hier Mühe gibt, etwas Besonderes zu machen", sagt Kaiser. Tanz an ungewöhnlichen Orten hat er mit seinem Ensemble, das bereits ein halbes Dutzend Mal bei den Festivals für modernen Tanz in der Fabrik Heeder aufgetreten ist, vielfach gesammelt - zum Beipiel im Duisburger Hafen, auch im Mies-Modell auf dem Egelsberg und in Kooperation mit dem Krefelder Kulturbüro in einem privaten Wohnzimmer. Die Auftragsarbeit für Krefeld wird ermöglicht durch die Landesförderung für Mittelzentren: Drei Jahre lang bekommt das Kulturzentrum Fabrik Heeder pro Jahr 30 000 Euro für zusätzliche Tanzprojekte. Und auch durch die Gebrüder-Kickartz-Stiftung wird das Projekt unter dem Titel "Move! in town" gefördert.

"Protected Zone" - Schutzzone - heißt die Choreografie. Das urmenschliche Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit will die Compagnie beleuchten. Die Baumkronen bilden ein schützendes Dach über den Tänzern. "Aber es sind nur Blätter - die Sicherheit ist fragil", sagt Kaiser. Jegliches Sicherheitsgefühl sei trügerisch: "Auch ein Betonraum kann nicht vor Raketen schützen". Die Ereignisse in Gaza und der Abschuss des malayischen Flugzeugs bestätigen Kaisers Gedanken. "Geschützt sein ist nur eine Metapher, die wir in Natur übersetzen". Der Platanenhain sei die perfekte Szenerie: Die Baumstämme, Licht und Schatten bilden ein Labyrinth, das die Tänzer erkunden.

Das Publikum ist hautnah am Geschehen: Es gibt keine Absperrungen, keine Sitzplätze, jeder Zuschauer kann sich frei auf dem Areal bewegen. "Demkratisierte Kunst", nennt Avi Kaiser das: "Kultur sollte viel häufiger an öffentlichen Plaätzen stattfinden, wo sie Menschen ohne Absperrung begegnet."

Die Aufführung dauert etwa eine Stunde, das Zuschauen ist kostenlos. Wer mit Decke und Picknickkorb einen Hauch "Last Night of the Proms" in den Park bringt, ist ebenso willkommen, wie derjenige, der nur eine Weile lang zusieht.

"Uns ist es wichtig, zu berühren", betont der Choreograf. Als sinnliche Erfahrung sei der Tanz prädestiniert: "Wir haben keine Worte, sondern Gesten, und die zeigen viel klarer, was jemand meint. Wörter kann man interpretieren. Eine Bewegung ist einmal gemacht und wird vom Zuschauer wahrgenommen. Man kann auch reden ohne Verständnis. Es ist eine Sucht des Menschen, alles verstehen zu wollen. Aber man kann auch gucken und etwas spüren - ohne nach der Bedeutung zu suchen." Ein Akkordeonspieler, ein Klarinettist und eine Sopranistin werden die Klangkulisse liefern. Mit textilen Elementen wird die "Naturbühne" einige sparsame Akzente erhalten.

Nach der Premiere, die in den Nachmittagsstunden zu sehen sein wird, gibt es auch eine Abendaufführung am 22. August. Und auch eine Innenraum_Adaption wird das Ensemble erarbeiten. Die wird am 4. November in der Fabrik Heeder gezeigt. Statt der Bäume sind dort Säulen die Vorgabe für den Bühnenraum.

(RP)
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