Krefeld Tom Liwas schamanischer Auftritt

Krefeld · In der Kulturrampe spielte die Band Flowerpornoes ein mitreißendes Konzert.

 Tom Liwa mit Poncho und zu tief sitzender Mütze.

Tom Liwa mit Poncho und zu tief sitzender Mütze.

Foto: Mocnik

Gleich zu Beginn hat der Auftritt von Tom Liwa in der Krefelder Kulturrampe etwas Schamanisches: Die dicke Wollmütze über die dicke Brille gezogen, ein gewiss etwas zu stark wärmender Poncho auf kleinem Oberkörper, erzählt er rund 20 Minuten die Geschichte eines Fischers, der sich in einen Löwen verwandelt. Mancher im Publikum wird angesichts des Erzählflusses ungeduldig, Liwa erzählt unbeirrt weiter, findet plötzlich abrupt zu einem mittelprächtigen Ende und startet mit einem Bob-Marley-Cover: "Is This Love?" Einer der kuriosesten Konzertstarts, den Krefeld je erlebt hat. Und dann sagt der Typ zum Abschied auch noch Sätze wie: "Der Herr beschütze Euch."

Mancher fragt sich: Ist das Ironie? Nein, der Duisburger Songwriter Tom Liwa meint jeden seiner Sätze ernst.

In den Neunzigern waren die Flowerpornoes eine Indierockhoffnung, ihr Lied "Liane (Cool ist das Wort)" sollte in keiner Sammlung des deutschen Rock fehlen. Das Quartett löste sich jedoch auf, Liwa machte solo weiter. Jetzt erscheint auf dem Label Grand Hotel van Cleef das neue Album "Umsonst und Draußen", mit Liedern von großer Eingängigkeit.

Liwa spielt in Krefeld fast ausschließlich Stücke des neuen Albums, was ja normalerweise im Rockgeschäft ein Sakrileg ist, weil der gemeine Fan immer altes Zeug hören will. Interessant aber ist: Die Lieder zünden, obwohl sie vielen noch unbekannt waren. Auf dem Album wirken manche Songs unprätentiös, dezent. Mit der Wucht der Band im Rücken entfalten Songs wie "Wir sind die Beatles" oder "Federkleid" (erste Single, Anspieltipp) erst ihr Hitpotenzial. Die Band improvisiert immer wieder, spielt sich manchmal in einen rauschhaften Zustand.

Eineinhalb Stunden sind gespielt, aber Liwa, das spürt man, will nicht gehen. Die Band spielt Zugabe um Zugabe, und als sich alle schon verneigt haben, kommen sie doch noch mal wieder.

Am Ende geht man also staunend aus dem Konzertsaal: Hätte man es für möglich gehalten, dass Liwa und die Flowerpornoes einen noch einmal so vom Hocker reißen könnten? Ein toller Abend, wenn, ja, wenn man nicht mit einer Publikumsbeschimpfung enden müsste: Mag sein, dass sich viele der Leute, die da im Konzert Gäste waren, lange nicht gesehen haben. Aber die intensiven Gespräche zur Musik hätte man auch auf die Zeit vor oder nach dem Konzert verlegen können.

(RP)
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