Krefeld Trauer um Pfarrer Windhövel

Krefeld · Unerwartet ist Michael Windhövel am Dienstag mit 61 Jahren gestorben. Das evangelische Krefeld verliert mit ihm einen herausragenden Prediger, der die Friedenskirche zu einem spirituell-kulturellen Zentrum der Stadt gemacht hat.

 Pfarrer Michael Windhövel in der Friedenskirche. Er starb am Dienstag mit 61 Jahren.

Pfarrer Michael Windhövel in der Friedenskirche. Er starb am Dienstag mit 61 Jahren.

Foto: Lammertz

Das evangelische Krefeld trauert um den Pfarrer der Friedenskirche, Michael Windhövel. Wie der Evangelische Kirchenkreis Krefeld-Viersen gestern mitteilte, ist Windhövel am Dienstag plötzlich und unerwartet gestorben. Windhövel wurde 61 Jahre alt; er hinterlässt seine Ehefrau Iris und seinen Sohn Julian. Krefeld verliert in Windhövel einen herausragenden Prediger, der die Friedenskirche zu einem profilierten geistlichen Zentrum der Stadt gemacht hat. Spiritualität bedeutete für Windhövel auch Offenheit für säkulare Kultur. Denken, Musik und Kunst waren für ihn immer Bewegung der Geistigkeit, die auch dem Gebet innewohnt und in Fragen nach Gott münden konnte.

Windhövel war ein packender Prediger, jemand, an dessen Worten man sich leidenschaftlich abarbeiten konnte, sei es zustimmend oder streitend, denen man aber oft genug schlicht staunend und dankbar folgte. Um seinetwillen kamen auch Evangelische aus anderen Gemeinden in die Friedenskirche. Denn eines war er nie: langweilig. Windhövel hat sich immer spürbar gegen die Routine des Sprechens ge-stemmt, hat am vertrauten Bibelvers den neuen Gedanken, den neuen Zugang gesucht. Er konnte im Weihnachtsgottesdienst ironisch schon mal frohe Ostern wünschen - in Anspielung darauf, dass man viele erst dann in der Kirche wiedersehen würde. Das Gelächter war ungewöhnlich in der Weihnachtsfeierlichkeit - aber in solchen kleinen Störungen und Verstörungen lag für Windhövel immer die Chance, neu zu hören. Bewegend und außergewöhnlich war sein letzter Karfreitagsgottesdienst in diesem Jahr: Er begann im hinteren Teil der Kirche, bevor die Gemeinde dann nach der Predigt nach vorn zum Altarraum gegangen ist. Windhövel stammt aus einfachen Verhältnissen; seine Eltern betrieben eine Gastwirtschaft. Er hat zuweilen sehr offen von einer Kindheit mit Härten berichtet, um dann fast kindlich staunend zu registrieren, wie er aus diesen Anfängen heraus eine intellektuelle, geistliche und menschliche Heimat im Raum der Kirche und bei seiner Familie gefunden hat. Man spürte, wie sehr ihm klar war: Hätte auch alles ganz anders kommen und furchtbar schief gehen können. Insofern fühlte er sich als ein Gesegneter; sicher auch ein Grund, warum er den Pfarrerberuf mit Wärme und Leidenschaft ausübte. Windhövel war so gesehen auch ein Zuversichtlicher. Wäre es nach ihm gegangen, würde das evangelische Krefeld entschlossener Strukturreformen angehen. Die enge Nachbarschaft zwischen Friedenskirche und Alter Kirche war für ihn in Zeiten einer schrumpfenden Christenheit nicht zukunftsweisend. Kräfte bündeln, sich neu sammeln, vielleicht in weniger Kirchen, dafür aber sichtbarer als kraftvolle Sonntagsgemeinde - in diese Richtung gingen seine Gedanken. Michael Windhövel wurde 1956 in Solingen geboren. Von 1977 bis 1980 studierte er Religionspädagogik und arbeitete danach als Gemeindepädagoge, zuletzt in Düsseldorf-Urdenbach. Es ist charakteristisch für ihn, dass ihm der pädagogische Zugang zu kirchlich-gemeindlicher Arbeit nicht reichte: Er entschloss sich schließlich, Theologie zu studieren. Sein Vikariat absolvierte er in Düsseldorf-Garath.

1995 kam Windhövel dann als Pfarrer im Hilfsdienst an die Friedenskirche. Ein Jahr später wurde er auf die zweite Pfarrstelle der Friedenskirche gewählt. 2008 wurde er zum Synodalassessor des Kirchenkreises Krefeld-Viersen gewählt, war also Stellvertreter des Superintendenten. Zudem war er lange Jahre Vorsitzender des synodalen Jugendausschusses und Mitglied im Öffentlichkeitsausschuss.

Die Arbeit im Kulturpunkt der Friedenskirche war ihm eminent wichtig und hat viel Kraft gekostet, vielleicht zu viel Kraft. Neue Wege ging Windhövel auch bei der Ansprache von Gemeindegliedern, deren Kontakt zur Kirche immer weiter erodierte. 2015 hat er ein großes Tauffest mitgetragen; vorausgegangen waren Anschreiben an 2200 Familien mit evangelischen Mitgliedern und ungetauften Kindern. Das Resultat war überwältigend: Aus 57 Familien kamen 85 Anmeldungen, 54 Täuflinge wurden in einem großen Fest getauft. "Die Täuflinge sind von einigen Monaten bis 35 Jahre alt", sagte Windhövel damals. Für jede Familie war ihre Taufe jeweils sehr persönlich gestaltet worden und ein besonderes eigenes Fest. Windhövel selbst hat zehn Menschen getauft. Für einen Pfarrer wie ihn ein Tag der Freude.

Zu den Aufgaben, die ihn bis zuletzt umgetrieben haben, gehörte die Sanierung des Turms der Friedenskirche. Überhaupt hat er die Friedenskirche geliebt. Auf den etwas vorlauten Vorschlag, doch die triste Farbgebung der Kirche zu ändern, hat er mit einer warmen Verteidigungsrede auf seine Kirche reagiert: Gerade beim Sonntagsgottesdienst entfalte das Sonnenlicht im Kirchenraum Pracht und Wärme.

Diese Kirche war ihm spirituelles Zentrum und Heimat: als Haus Gottes und des Menschen, als Raum beglückender, nie erlahmender Geistigkeit. Windhövel war ein Pfarrer, ein Theologe, ein Denker im Zustand zuversichtlicher Unruhe - zuversichtlich, weil für ihn alle Geistigkeit und alle Unruhe in den einen Geist Gottes mündeten. Nun ist er jäh zu endgültiger Ruhe gekommen.

(RP)
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