Krefeld Universitäten für die reine Wissenschaft

Krefeld · Beim Auftakt der Vortragsreihe "Quo vaditis" in der Lutherkirche plädierte Hochschule-Niederrhein-Präsident von Hans-Hennig von Grünberg für eine Bildungsreform in den Hochschulen: Universitäten für die reinen Wissenschaftler, Fachhochschulen für die Praktiker.

 "Hochschulen für angewandte Wissenschaft, die junge Menschen auf einen Beruf vorbereiten: Das war und ist eine wirklich gute Idee", sagte Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein. Er eröffnete die Vortragsreihe in der Lutherkirche.

"Hochschulen für angewandte Wissenschaft, die junge Menschen auf einen Beruf vorbereiten: Das war und ist eine wirklich gute Idee", sagte Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein. Er eröffnete die Vortragsreihe in der Lutherkirche.

Foto: TL

"Wofür braucht man Hochschulen?" - dieser provokanten Frage ging Professor Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, in seinem Vortrag nach. Der Förderverein Walcker-Orgel hatte im Rahmen seiner neuen Reihe "Quo vaditis" - wohin geht ihr? - in die Lutherkirche eingeladen.

Von Grünberg entwickelte zunächst den Begriff des Wissens in Abgrenzung zur Information ("Wissen ist immer zweckfrei"). Hierauf baute er den Bildungsbegriff des 19. Jahrhunderts auf, geprägt unter anderem von Wilhelm von Humboldt (1767-1835) und Friedrich Wilhelm Schelling (1775-1854). Von Grünberg hob vor allem die damalige Erkenntnis über den Zusammenhang von Körper, Geist und Seele hervor ("Wissen aufnehmen heißt, sich von Erkenntnis zu Erkenntnis zu entwickeln, daran seinen Geist zu schulen und zu entwickeln - und damit den Charakter"). Wachstum von Wissen gelinge durch Forschung ("Wenn ich etwas verstanden habe, möchte ich wissen, was darauf aufbaut. Diese Erkenntnisketten bilden die Grundlagenforschung - und die gehört an die Universität"). Von Grünberg bezeichnete demnach Universitäten als "Orte der Wissenschaft".

Der große Bruch in der deutschen Bildungslandschaft erfolgte laut von Grünberg 1971, mit der Erschaffung der Fachhochschule, der "peinlichen kleinen Schwester" der Universitäten, wie sie zunächst bezeichnet wurden. Diese neuen Hochschulen, eine Zusammenlegung der Wirtschaftsfach- und Ingenieursschulen, verfolgen einen völlig anderen Ansatz als die herkömmlichen Universitäten, erklärte von Grünberg, denn sie seien "Hochschulen für angewandte Wissenschaft, die junge Menschen auf einen Beruf vorbereiten. Das war und ist eine wirklich gute Idee". Natürlich passe die Idee einer Fachhochschule nicht zu dem Bildungsgedanken von Humboldts. "Eine Fachhochschule denkt vom Ende her: von außen wird eine Frage gestellt, die es zu lösen gilt; es geht also um Nutzen", zeigt von Grünberg auf und ergänzt: "Die Erkenntniskette von Wilhelm von Humboldt, die vom Anfang her denkt, wollte nicht nützlich sein; da ging es um die reine Schulung des Geistes, um die Wissenschaft als solche". Diese beiden grundverschiedenen Ansätze dürfe man heute nicht vermischen.

Von Grünberg hielt ein Plädoyer für die Fachhochschulen als "Komplementärmodelle". "Die Gesellschaft fordert, dass Wissenschaft angewendet wird und ihr nützt. Darum ist es wichtig, dass es beides gibt: die Forschung und die angewandte Forschung". Gleichzeitig richtet er eine klare Forderung an die Schulen. Ihre Aufgabe sei es, Schüler in ihrer Ausbildungswahl klarer zu beraten: Diejenigen, die zwar studieren, aber keine Wissenschaftler, sondern Praktiker werden wollten, sollten einen Studien- oder Ausbildungsgang an einer Fachhochschule wählen, und nur diejenigen, die sich später als reine Wissenschaftler sähen, sollten auf eine Universität gehen. Im Umkehrschluss hieße dies aber auch, dass die Universitäten ihre Profile schärfen müssten. Von Grünberg forderte auf, die Idee der Entflechtung an den Universitäten voranzutreiben: "Es wäre an der Zeit!"

Umrahmt wurde der Vortrag von Orgelmusik: Zu Beginn wählte Professor Karlheinz Schüffler den 3. Satz aus der Orgelsonate in c-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy und den furiosen Abschluss bildete der erste Satz der "Toccata und Fuge" in d-Moll von Johann Sebastian Bach. Eine gelungene Auftaktveranstaltung, der man mehr Besucher gewünscht hätte.

Nächster Termin: Montag, 3. April, 19 Uhr, in der Lutherkirche am Lutherplatz: "Reformatorisch Kirche sein". Referent ist Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.

(RP)
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