Krefeld Unterschriften gegen Sektenarzt

Krefeld · Am Samstagmittag haben rund 200 Linner am Weidenbruchweg Unterschriften gegen den Sektenarzt Hartmut Hopp gesammelt. Hopp hat einen Mietvertrag mit der Wohnstätte abgeschlossen und könnte ab dem 1. September in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Siedlung einziehen (wir berichteten).

 Keine Demo, sondern eine Unterschriftenaktion – darauf legten die Anwohner wert. Demonstrationen müssen angemeldet werden.

Keine Demo, sondern eine Unterschriftenaktion – darauf legten die Anwohner wert. Demonstrationen müssen angemeldet werden.

Foto: Lothar Strücken

"Ich hoffe, dass die Unterschriften helfen. Wir haben hier alle Angst", sagt Christoph Wittig, der die Aktion organisiert hat.

Die Linner sind seit Tagen in Sorge. "So unruhig war es hier noch nie. Normalerweise spielen hier Kinder, es wird gegrillt. Jetzt sieht man kaum noch Kinder draußen. Es ist unsicher", sagt Sylvia Träger. Einer ihrer Söhne wohnt mit Frau und Kind direkt unter der Wohnung, die das Ehepaar Hopp beziehen will. "Wir fühlen uns absolut unwohl. Ich war seit zwei Wochen nicht arbeiten, weil meine Frau panische Angst hat. Sie schreckt nachts auf, schläft nicht mehr. Er hat sich sogar bei uns vorgestellt. Da wussten wir noch nichts über ihn. Er war sehr freundlich. Seine Vergangenheit hat man ihm nicht angesehen", sagt Tim Träger. Trotz Hopps Ankündigung, vom Mietvertrag zurücktreten zu wollen, habe Träger ihn auch in der Nacht zu Samstag noch in der Wohnung arbeiten gehört.

Innerhalb eines Tages hat sich die Zahl der Mitglieder in der Facebook-Gruppe "Herr Hopp, Sie sind hier unerwünscht!" am Wochenende von 90 auf 230 erhöht. "Wir wollen damit zeigen, dass er in Krefeld nicht willkommen ist. Das ist kein Aufruf zur Selbstjustiz. Ich versuche dort zu informieren", sagt Liliane Rades-Guevara, eine Sprecherin der Gruppe. Die gebürtige Chilenin beobachtet die Ereignisse in Chile schon seit Jahren und kennt die Grausamkeiten, die in der Siedlung Colonia Dignidad geschehen sind: "Ich hätte gerne, dass er ausgeliefert wird. Die deutsche Regierung muss die Augen aufmachen." Rechtlich ist eine Auslieferung bislang nicht möglich. Bis Mittwoch wollen die Anwohner weiter Unterschriften sammeln.

Noch ist unklar, ob Hopp darauf verzichtet, nach Krefeld zu ziehen, und die Kündigung der Wohnstätte akzeptiert, wie es sich am Freitag angedeutet hatte (wir berichteten). Wohnstätten-Chef Thomas Siegert hat am Wochenende keine schriftliche Erklärung Hopps in seinem Büro vorgefunden. "Bisher ist nichts angekommen", sagte Siegert gestern unserer Zeitung. Man habe Hopp aufgefordert, bis zum 7. September mitzuteilen, wie er mit der Kündigung der Wohnung umgehen will. Notfalls will die Wohnstätte mit einer Räumungsklage gegen Hopp vorgehen.

Warum zieht es Hopp ausgerechnet nach Krefeld? Es gibt deutliche Hinweise auf Verbindungen der Colonia Dignidad nach Krefeld, unter anderem zur Freien Volksmission des Predigers Ewald Frank. Auch die Verbindung von Hopp zur Freien Volksmission ist belegt — Hopp benutzte für ein Fax an die Medien ein Gerät der Volksmission. Zu den Treffen der Volksmission an jedem zweiten Wochenende kommen regelmäßig auch ehemalige Bewohner der Colonia Dignidad wie der 2008 verstorbene Albert Schreiber, ein weiterer Mann aus dem Führungszirkel der Colonia Dignidad um Sektenchef Paul Schäfer. Zwischen Schreiber und Hopp gibt es familiäre Verbindungen. Hopps Adoptivsohn ist mit Albert Schreibers Tochter verheiratet — beide wohnen in Krefeld.

(RP)
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