Krefeld Unverkrampfte Denkanstöße

Krefeld · Selbstironie inbegriffen: Das Kresch-Theater widmet sich einmal mehr dem Thema Flüchtlinge.

Schon einmal hatte sich das Kresch-Lehrertheater mit dem Thema Flucht nach Europa beschäftigt, damals "an Bord" eines Luxus-Liners, der unterwegs auf Boote voller Menschen aus Afrika traf. Inzwischen sind viele Flüchtlinge nicht nur auf Lampedusa, sondern mitten unter uns gelandet, und damit setzt sich das aktuelle Stück "Kaum Koffer nicht nur Jungs und meistens unsichtbar in unseren Städten" auseinander. Am Freitag war Premiere.

Unter der Regie von Helmut Wenderoth hatte das zwölfköpfige Ensemble aus unterschiedlichsten Quellen geschöpft und eine Szenenfolge geschaffen, die anhand sehr persönlicher Geschichten die Ist-Situation aus unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtete. Vom feurigen Liebhaber war die Rede, der willkommen ist, solange frau ihn nicht im Gespräch verstehen muss, von Kaffeekränzchen-Völkerkunde wie "Also wir haben da einen Kurden in der Straße, ein Türke ist das wohl, aber der sieht aus wie ein Perser, also wie ein Araber", von Schleppern und Hasskrakelern, von dem Bürgermeister, der die Neuankömmlinge als Wiederbelebung seines sterbenden Städtchens willkommen heißt, und von dem hilflosen Helfer in München, der nach den Fernsehnachrichten eine Tasche mit Handschuhen, Socken, Brot und Schinken vollpackt und dann am Hauptbahnhof doch unverrichteter Dinge wieder umkehrt, weil er sich nicht traut, seine Gaben anzubieten, ohne eine der fremden Sprachen zu sprechen, sich aber immerhin vornimmt, alsbald wenigstens die wichtigsten Worte und Sätze zu lernen. Von dem Jungen, dessen plötzliche Reise so ganz anders verläuft als die Reisen von Sindbad, dem Seefahrer, von denen sein Vater ihm erzählt hatte, von Äußerungen des deutschen Innenministers und überaus vernünftigen Kinder-Ideen. Aus Meldungen über Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte wurde eine Staccato-Litanei, bei der die Darsteller dem Publikum physisch "auf den Pelz rückten", und nicht minder überzeugend geriet am Schluss die Verkündigung eines Alphabets dessen, was jedermann selbst tun kann, um einfach mitmenschlich zu handeln.

Auf der Bühne ein paar Koffer, ein paar Stühle und ein paar Vorhänge, ferner ein gutes Gespür für Struktur, pointierte Gestik, Sprache und Musik und ein Schuss Selbstironie - so gelang es, das Publikum mit unverkrampft vorgetragenen Denkanstößen 90 Minuten lang zu fesseln.

Weitere Aufführungen am 19. und 29. Juni, jeweils 19 Uhr, Kartenreservierungen unter 02151 - 86 26 26

(RP)
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