Krefeld Vernachlässigte Kinder: Jeder zweite Hinweis ans Amt ist berechtigt

Krefeld · Von 527 Hinweisen ans Jugendamt waren 245 unbegründet. 282 Mal sahen die Fachleute Anlass, Hilfe anzubieten oder im Interesse der Kinder sofort einzugreifen.

 Gerhard Ackermann, Leiter des städtischen Jugendamts.

Gerhard Ackermann, Leiter des städtischen Jugendamts.

Foto: Lammertz

Die Hinweise, dass in Krefeld Kinder misshandelt oder vernachlässigt werden, beziehungsweise die Eltern mit der Erziehung alleine nicht klar kommen, sind in jedem zweiten Fall berechtigt. 48 Mal attestierten die Fachleute im städtischen Jugendamt im vergangenen Jahr eine "akute Gefährdung" von Kindern und Jugendlichen - 28 davon waren jünger als zehn Jahre alt. Das teilte das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (IT.NRW) jetzt mit.

Demnach sind bei der Stadtverwaltung im vergangenen Jahr 527 Hinweise von Nachbarn, Erziehern, Lehrern und Angehörigen eingegangen, dass sich Kinder und Jugendliche in ihrem familiären Umfeld in Gefahr befinden. In 53,5 Prozent waren die Sorgen der Hinweisgeber in irgendeiner Form berechtigt.

Zu den 48 Fällen akuter Gefährdung kommen weitere 46 Fälle von latenter Gefahrdung und 188 Fälle hinzu, in denen Hilfestellung in der Umgebung der Kinder nötig ist, um eine altergerechte Entwicklung des Heranwachsenden zu unterstützen. 245 Mal erwies sich der Hinweis als "Blinder Alarm". Ein Einschreiten der Behörden war demnach nicht angesagt.

Zum Vergleich: Die Zahl der Fälle, in denen in Krefeld eine akute Kindswohlgefährdung attestiert wurde, ist mit 48 höher als in der Stadt Düsseldorf mit mehr als doppelt so vielen Einwohnern. Für die Landeshauptstadt haben die Statistiker die Zahl 47 ermittelt. In ganz Nordrhein-Westfalen haben die Jugendämter 2015 im Rahmen ihres Schutzauftrags in 32.015 Fällen eine Einschätzung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorgenommen. Das waren 1,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (2014: 31.612). Wie IT.NRW mitteilt, wurde dabei in etwa jedem achten Fall (3938) eine akute Gefährdung des Kindeswohls festgestellt. In 5044 Fällen bestand eine latente Gefährdung, das heißt, die Frage, ob gegenwärtig tatsächlich eine Gefahr besteht, konnte nicht eindeutig beantwortet, eine Kindeswohlgefährdung aber auch nicht ausgeschlossen werden. In 10.637 Fällen wurde zwar keine Gefährdungssituation, jedoch ein Hilfebedarf festgestellt. Bei 12.396 Verdachtsfällen ergab sich, dass weder eine Kindeswohlgefährdung noch ein Hilfebedarf bestand.

Nahezu zwei Drittel der Kinder (61,9 Prozent) mit akuter Kindeswohlgefährdung wiesen im vergangenen Jahr Anzeichen von Vernachlässigung auf; bei knapp einem Drittel (32,0 Prozent) gab es Anzeichen für körperliche Misshandlung. Die Jugendämter in NRW wurden bei rund jedem fünften Fall (6247) durch Verwandte, Bekannte oder Nachbarn, in 7075 Fällen durch Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung hingewiesen. Das Personal von Schulen sowie Kindertageseinrichtungen und Pflegepersonen (4197) war in 13,1 Prozent aller Fälle Initiator für eine Gefährdungseinschätzung. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Minderjährigen eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.

(RP)
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