Krefeld VfB Uerdingen testet Fußball ohne Abseits - mit Lothar Matthäus
Krefeld · Der mit dem Ex-Weltmeister verstärkte Bezirksligist hat an einem ungewöhnlichen Experiment teilgenommen und in einem Spiel gegen den SC Kapellen-Erft die Abseitsregel außer Kraft gesetzt.
Im Fußball gibt es wohl kaum eine Regel, über die mehr diskutiert wird, als über die Abseitsregel. Auch darum wollen Kritiker diese Regel abschaffen, zumindest aber modifizieren. "Ohne Abseits wird Fußball attraktiver", hatte jüngst sogar Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff in einem Interview mit der SportBild gefordert. Die Zeitung wagte jetzt den Test, ob's stimmt - und der Krefelder Fußball-Bezirksligist VfB Uerdingen spielte das Versuchskaninchen. Bei einem Freundschaftsspiel gegen die zweite Mannschaft des SC Kapellen-Erft war diese Regel außer Kraft gesetzt, und beide Teams erhielten hochkarätige Verstärkung: Deutschland Rekordnationalspieler Lothar Matthäus spielte jeweils eine Halbzeit lang für einen der Clubs. Und ums vorwegzunehmen: Der VfB gewann die Partie mit 4:1 (1:0), und Matthäus spielte im ersten Durchgang für die Auswahl von Trainer Stefan G. Rex. Auf dem Rasenplatz von BV 04 Düsseldorf pfiff Bundesliga-Schiedsrichter Thorben Siewer das ungewöhnliche Experiment.
"Die Leute von der Bild hatten gedacht, unser für Sonntag geplantes Spiel sei ohnehin schon verlegt worden und haben uns daher angesprochen", sagte Stefan Rex. "Es war für alle ein tolles Erlebnis und für die Jungs sicher ein Highlight ihrer Fußballkarriere. Sobald Lothar in der Kabine stand, war er ein ganz normaler Teil des Teams und hat es allen leicht gemacht, mit ihm locker umzugehen", erzählte Rex, der das Spiel mit organisiert hatte und auch die Krefelder Schiedsrichter Franz-Joseph Haybach und Stefan Semir als Linienrichter verpflichtete. Aus dem defensiven Mittelfeld heraus organisierte der inzwischen 52 Jahre alte Matthäus das Spiel der Uerdinger und beeindruckte vor allem mit seinen langen Pässen, die noch immer auf den Zentimeter genau den Weg zum Mitspieler fanden.
Die Abseitsregel entstand bereits am Anfang des reglementierten Fußballs im 19. Jahrhundert in England. Seinerzeit waren weder die Größe der Tore noch der Spielfelder noch die Anzahl der Spieler festgelegt. Die Begründung, diese Regel einzuführen, war, dass es unfair sei, hinter dem Rücken des Gegners ein Tor zu erzielen. Sie sollte auch verhindern, dass sich ein angreifender Feldspieler in der Nähe des gegnerischen Tors platziert, auf den Ball wartet und ihn dann mühelos einschießt. Genau diese Taktik wendete Kapellen nun gegen den VfB an, und ließ einen Stürmer in fast jeder Spielsituation direkt am oder im Uerdinger Strafraum stehen. "Taktisch hätte das zur Folge, dass in der Abwehr eine Art Manndecker neu geschaffen werden muss, der diesen einen Spieler bewacht. Dass der Fußball attraktiver wird, sehe ich nicht. Viele Teams würden mit langen Bällen operieren, und der taktische Abstand zwischen Abwehr und Angriff würde anwachsen", lautete Rex' Fazit des Testes.