Krefeld Vom ersten Bikini der Welt und einer Liebe am Lebensabend

Krefeld · Ernest van der Kwast las im Palmenhaus. Das eigentliche Erlebnis dieses Abends jedoch war seine humorige, auch selbstironische Art, mit der er über seine Schriftstellerei sprach.

Mit dem "Palmenhaus" am Baackesweg hatte man für die Lesung des Niederländers Ernest van der Kwast einen zum italienischen Flair seines Romans "Fünf Viertelstunden bis zum Meer" passenden Ort gewählt, und dort durfte man am Donnerstagabend auch einen Rekord verzeichnen. Mehr als 160 Gäste waren gekommen, und sie amüsierten sich prächtig.

Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW knüpfte am Frühwerk des heute 34-jährigen Autors an und fragte, wie es sich denn verhalte mit den vielen Identitäten, die in ihm zu stecken schienen. Er habe früher verschiedenartige Texte unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht, bestätigte van der Kwast, nicht zuletzt auch, um seine Familie vor eventuell erbosten Lesern zu schützen. Er habe aber auch mal ein Pseudonym benutzt, um einen kleinen Literaturwettbewerb zu organisieren und selbst mit einem Text daran teilzunehmen. Der sei dann auch prima angekommen. "Ich bin aber nicht in der Jury gewesen -glaube ich...", fügte er treuherzig hinzu und erntete damit den ersten von zahlreichen Lachern.

Für das aktuelle Werk hatte er selbst den Titel "Giovannas Nabel" gewählt, und als erstes musste er natürlich die Szene vorlesen, in welcher Giovanna mit dem ersten Bikini der Weltgeschichte aus der Brandung am Strand vor den Augen der Brüder Ezio und Alberto auftauchte und Ezio für den Rest seines Lebens den Kopf verdrehte. "Ich sehe einen Nabel", war das Einzige, was Ezio in diesem Moment denken und sagen konnte. Entstanden war der Zweiteiler, als die unnachgiebige Giovanna und ihre zänkische Schwester im Streit solange an dem ursprünglich einteiligen Badeanzug gezerrt hatten, bis er zerriss. Als Ezio seine Fassung wiederfand und ganz gegen seine sonst schüchterne Art die Nixe frech fragte: "Wo ich nun schon mal hier bin, darf ich Dich küssen?", nahm er jedoch sogleich Reißaus, als sie die Augen erwartungsvoll schloss, und hatte Pudding in den Beinen, als sie ihn einholte und den Kuss forderte. Auf Knien küsste er ihren Nabel. So begann eine kurze und doch aussichtslose Romanze, die beide nie vergessen sollten. Der Roman beginnt mit einem Liebesbrief, den Giovanna 60 Jahre später an Ezio schrieb.

Van der Kwast las natürlich auch noch andere Szenen vor, das eigentliche Erlebnis dieses Abends jedoch war seine humorige, auch selbstironische Art, mit der er über seine Schriftstellerei sprach, Anekdoten wie die von dem italienischen Interviewer erzählte, bei dem er selbst gar nicht zu Wort gekommen war, und witzige kleine Kämpfe mit Jungclaus ausfocht, wie viel Inhalt seines Buches in Lesung und Gespräch verraten werden dürfe.

Dazu der exotische Teint des gut aussehenden Mannes, der Sohn einer indischen Mutter ist, gepaart mit dem im gesamten Deutschland stets als sympathisch empfundenen niederländischen Akzent - das alles verschmolz zu einem ausgesprochen kurzweiligen und amüsanten Abend, der dem Autor viele neue Fans aus Krefeld beschert haben dürfte.

(RP)
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