Krefeld Warnruf der Eiermann-Gesellschaft

Krefeld · In wenigen Tagen soll sich die Zukunft des Krefelder Stadthauses von Architekt Egon Eiermann entscheiden. Erstmals äußert sich jetzt zu den Plänen die Eiermann-Gesellschaft – sie warnt davor, das Haus verfallen zu lassen.

Monatelang hat die Egon-Eiermann-Gesellschaft die Diskussionen um die Nutzung des Stadthauses beobachtet und geschwiegen. Erstmals hat sich jetzt Wolfgang Vögele aus Karlsruhe, Vorsitzender der Eiermann-Gesellschaft, mit einem dringenden Appell an Krefeld gewandt.

In einer Stellungnahme teilte er auf Anfrage unserer Redaktion mit: "Wir verfolgen mit großer Sorge die Vernachlässigung der Gesamtanlage des Verwaltungsgebäudes der Verseidag. Der Rat der Stadt Krefeld hat es in der Hand, zu entscheiden und sollte nicht allein wirtschaftliche Interessen verfolgen, sondern stadt- und baugeschichtliches Bewusstsein zugunsten der Nachwelt beachten." Durch Flickschusterei sei das Stadthaus "verunstaltet" worden, sagt Vögele. Viele Rollladen an Fenstern sind defekt, auch innen gibt es gravierende Mängel.

Entscheidendes Treffen

Am kommenden Dienstag, 12. Juli, treffen sich die Fraktionsvorsitzenden im Rathaus mit OB Gregor Kathstede. Dort will die Verwaltung zwei Gutachten präsentieren, die in der Politik sehnlichst erwartet werden. Ein Gutachten des Architekturbüros Klaus Reymann soll bewerten, wie teuer eine Sanierung des Stadthauses wäre – im Rathaus kursieren Summen von mindestens 25 Millionen Euro.

Ein zweites Gutachten soll feststellen, wie hoch der Mietpreis wäre, den die Stadt in einer Immobilie in der Innenstadt, in einem möglichen Neubau der Sparkasse an der Friedrichstraße, zu zahlen hätte. Am gleichen Tag wird der Plan bei einer Pressekonferenz vorgestellt.

Die Egon-Eiermann-Gesellschaft beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Vögele leitet an der Karlsruher Universität das "Südwestdeutsche Archiv für Architektur und Ingenieurbau". Dort wird auch die Planung für das heutige Krefelder Stadthaus verwahrt. Vögele bietet Krefeld an, in die Dokumente Einsicht zu nehmen, um die ursprünglichen Ideen auszuarbeiten.

Das Krefelder Stadthaus war von Egon Eiermann einst als Verwaltungsgebäude der Vereinigten Seidenwerke (Verseidag) geplant worden und wurde von 1951 bis 1953 realisiert. Der eigentliche Verseidag-Verwaltungsbau östlich an der Girmesgath war von Mies van der Rohe entworfen worden.

Der Eiermann-Bau wird heute als Technisches Rathaus der Stadtverwaltung genutzt. Wolfgang Vögele, Vorstand der Eiermann-Gesellschaft, verweist auf den architektonischen Wert der Immobilie. Es sei belegt, dass Egon Eiermann sich durchaus bewusst war, anzuknüpfen an die Beispiele und Konzepte von Mies van der Rohe, mit dem er sich über Jahrzehnte freundschaftlich und fachlich verbunden fühlte.

Das Stadthaus ist für ihn "ein frühes Beispiel der Wiederaufnahme der Elemente des ,Neuen Bauens' nach dem Zweiten Weltkrieg und industriegeschichtliches Denkmal für Krefeld. Es dokumentiert die Fortführung der Förderung der modernen Architektur, die sich seit den 20-er Jahren in Krefeld manifestiert."

Vorbild: Andere Städte

Vögele verweist auf viele andere Städte, in denen Gebäude von Egon Eiermann stehen, und wo die Gebäude nach Sanierungen weiter genutzt werden: das Gebäude der Volkshilfe in Köln (heute Aachener-Münchener-Versicherungen), die Steinkohle in Essen, aber auch die späteren Bauten wie des Abgeordneten-Hochhaus "Langer Eugen" in Bonn und der Olivetti-Türme in Frankfurt. "Diese Beispiele belegen, dass angemessene und wirtschaftliche Modernisierungen unter Wahrung der denkmalgeschützten Substanz möglich sind."

(RP)
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