Krefeld Was Brechts Mutter Courage Schülern heute zu sagen hat

Krefeld · Die 13. Jahrgangsstufe der Montessori-Schule führt Bertolt Brechts Stück auf. Die Schüler sehen in dem fast 80 Jahre alten Text eine große Aktualität. Heute Abend ist die Premiere.

 Mutter Courage und ihre Tochter: Amelie Tillmann und Alina Lohmann in einer Szene aus dem Brecht-Stück.

Mutter Courage und ihre Tochter: Amelie Tillmann und Alina Lohmann in einer Szene aus dem Brecht-Stück.

Foto: T. Lammertz

Zu Beginn läuft ein Film. Minutenlang haben die Montessori-Schüler der Jahrgangsstufe 13 Bilder aus Kriegen zusammengeschnitten: den Abwurf der ersten Atombombe, Szenen von Vietnam- und Irak-Krieg und ganz aktuell vom Kriegsschauplatz Syrien. So leiten die Schüler ihre Aufführung von Bertolt Brechts Stück "Mutter Courage" ein, das sie nun aufführen und in dem sie eine große Aktualität sehen.

Das Stück stammt aus dem Jahr 1939. Für die Jugendlichen hat es immer noch Relevanz. "Wir bekommen täglich Bilder von Kriegen im TV zu sehen. Aus Afghanistan, Israel oder Syrien. Dort kämpfen und sterben Jugendliche in unserem Alter. Diese Jugendlichen sind mitten im Leid und Krieg. Für uns ist das weit weg. Die Schrecken finden nur auf dem Bildschirm statt", sagt Alina Lohmann. Sie spielt im Stück die stumme Kattrin und führt Regie.

"Im Deutschunterricht haben wir uns mit epischem Theater - mit Brecht - befasst. Wir wollten es selbst aufführen. Das Stück bietet viel Anlass für kritische Betrachtungen auch unserer Welt", erklärt Johannes Achten, der den Feldprediger spielt. Die Rolle der Mutter Courage wird von der 19 Jahre alten Amelie Tillmann gespielt. Sie sieht in ihrer Figur eine zerrissene Persönlichkeit, die in den Wirren des Krieges ihren Vorteil sucht und findet, obschon sie nach höheren Maßstäben alles verliert. "Sie ist immer hin- und hergerissen zwischen ihren Kindern und dem Profit. Am Ende entscheidet sie sich für den Profit - und ihre Kinder sterben. Damit ist sie zwar nach ihren Maßstäben eine Kriegsgewinnlerin, aber nach höhren Idealen verliert sie", meint die Darstellerin.

Mutter Courages Tochter, die stumme Kattrin, stellen die Schüler kreativ dar. "Wir haben die Dialoge für sie so geschrieben, als könne sie sprechen. Die haben wir dann von einer Lehrerin für Gebärdensprache übersetzen lassen. Kattrin benutzt die Gebärden, und die anderen Darsteller übersetzen sie jeweils für das Publikum", erläutert Alina Lehmann.

Die Aktualität sehen die Schüler vor allem darin, wie Kriege heute benutzt würden, um Profite zu machen. "Gute Kriege gibt es nicht. Man bemüht sich nur, ihnen den Anstrich der Rechtschaffenheit zu geben. Im Dreißigjährigen Krieg ging es um Religion, heute werden andere Gründe vorgeschoben. Aber am Ende profitiert die Rüstungsindustrie, wirtschaftliche Interessen stehen im Vordergrund", sagt Lennart Morick. Der 18-Jährige spielt Eilif, den ältesten Sohn. Johannes Achten pflichtet ihm bei: "Gerade Deutschland profitiert von Kriegen. Wir sind einer der größten Rüstungsexporteure. Aber Krieg ist immer schrecklich."

45 Schüler sind am Projekt beteiligt - von Darstellung über Kostüm und Maske bis zur Technik. Auch eine bereits seit Jahren pensionierte Lehrerin, Marie-Theres Güttsches-Huschka, hilft beim Nähen. Seit den Sommerferien proben die Schüler das Stück, das sie am Wochenende dreimal aufführen. "Wir machen das seit 25 Jahren", berichtet Lehrer Raimund Schucker-Hermanns. "Vor den Osterferien setze ich mich jedes Jahr mit den 12ern zusammen und wir entscheiden uns für ein Stück. Ich frage, welche Richtung sie spielen wollen. Dann wählen die Schüler das Stück in geheimer Wahl."

Zum ersten Mal seit Jahren hätte eine Jahrgangsstufe 13 sich nicht für eine Komödie entschieden. Sie wählte einen Klassiker der Moderne. Unter einem halben Dutzend Stücke belegten gleich zwei Brecht-Werke die ersten Plätze. Auf Rang zwei landete "Der gute Mann von Sezuan". Den Lehrer freut das sehr. Zwar sei in der Komödie mehr Freiheit der Inszenierung möglich, aber Klassiker böten "eine andere Dimension".

Die Aufführungen sind heute und Samstag, 10. März, um 19.30 Uhr, und Sonntag, 11. März, um 18.30 Uhr.

(RP)
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