Krefeld WG für Demenzkranke

Krefeld · Am Frankenring gibt es eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenzerkrankungen. In familiärer Atmosphäre und mit ihren eigenen Möbeln sollen sie mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität erleben.

 In ihren eigenen Möbeln fühlt sich Erika Stukenbrok wohl. "Das ist toll, dass sie sie mitbringen darf", sagt Tochter Dunja Sitterz. "Ich komme hier zu Besuch zu meiner Mutter – nicht in eine Einrichtung".

In ihren eigenen Möbeln fühlt sich Erika Stukenbrok wohl. "Das ist toll, dass sie sie mitbringen darf", sagt Tochter Dunja Sitterz. "Ich komme hier zu Besuch zu meiner Mutter – nicht in eine Einrichtung".

Foto: Thomas Lammertz

In dieser WG gibt es keinen Krach um Spül- oder Mülldienst. Vier alte Damen leben zur Zeit im "Wohnzimmer 57" am Frankenring, und jede hilft im Haushalt, so weit sie will und kann. Eine "familiäre Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenzerkrankungen" bietet Vermieter Stephan Gotzes an, in der bis zu neun Bewohner einen Platz finden.

Erika Stukenbrok hat sich, wie es hier üblich ist, ihr Zimmer mit eigenen Möbeln eingerichtet. "Das ist schön, dass das hier geht", sagt Tochter Dunja Sitterz. Sie ist glücklich, dass sie nicht das Gefühl haben muss, ihre Mutter "abgeschoben" zu haben. "Wenn ich hierher komme, bin ich zu Besuch bei meiner Mutter, nicht in einer Einrichtung", sagt sie. Feste Strukturen, den Tagesablauf einengende Vorschriften, gibt es hier nicht, die Individualität bleibt für jedes Mitglied in der "Großfamilie" erhalten.

Pflegekräfte helfen im Alltag

Emine Ludwig vom "micura"-Pflegedienst organisiert den 24-Stunden-Einsatz der Pflegekräfte, von denen immer zwei pro Schicht da sind. Sie helfen bei der Hausarbeit, gehen mit einkaufen und kochen zusammen mit den Bewohnerinnen. Deren Gesundheitszustand ist auf unterschiedlichen Niveaus, so dass sich einzelne, noch vorhandene, Fähigkeiten gut ergänzen. Bei manchen werden auch wieder Möglichkeiten aktiviert, die schon verschüttet schienen.

Jede Bewohnerin — natürlich sind auch Männer willkommen — darf mitbestimmen, und im großen Gemeinschaftsraum inmitten der Etage gibt es einen Fernseher und eine kleine Bibliothek. Die neun Zimmer (18 bis 22 Quadratmeter) sind von diesem Mittelpunkt aus zugänglich, es gibt sogar ein Gästezimmer für Besucher auf den insgesamt 325 Quadratmetern der Etage.

Neben der Gemeinschaftsküche sind auch die behindertengerecht ausgestatteten Bäder von allen zu benutzen. Alles ist barrierefrei zugänglich, und in der Nähe des Hauses sind alle Einkaufsmöglichkeiten, auch der Wochenmarkt ist nicht weit. Eine große Arztpraxis befindet sich im Haus, eine Apotheke und eine Bushaltestelle sind an der nächsten Ecke.

Das Pflegepersonal ist nicht nur auf Probleme der Demenzkrankheit eingestellt, ihr Zuhause müssen die WG-Bewohner auch bei Eintritt zusätzlicher Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht verlassen. Das sogenannte Berliner Modell bietet die organisatorische Orientierung für die Wohngruppe, ein Grundsatz der bereits vielerorts existierenden Demenz-WGs lautet "Alltag statt Therapie". Die Kosten setzen sich aus dem Betrag für Pflege, der Miete und der anteiligen Verpflegung zusammen. Gut 2500 Euro kommen zusammen. "Unser Konzept basiert auf freundlicher lebensbejahender Lebensgemeinschaft in normaler Umgebung. Wir legen Wert auf selbstbestimmtes Leben in unseren Mieträumen", sagt Gotzes über die Wohngemeinschaft. Hier gibt es keine strenge Heimatmosphäre, aber auch nicht den WG-Spülstress.

(pen)
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