Kr Wie Krefeld Wie die Kleinen sich zerlegen

Krefeld · War was? Der Rat in Krefeld ist so bunt wie nie zuvor. Die Sehnsucht der Wähler nach Alternativen zu den Etablierten hat die Linke stärker gemacht, die AfD in den Rat gespült, den Piraten eine Chance gegeben und sogar dem Spaßvogelschwarm "Die Partei" einen Sitz im Stadtparlament verschafft. Überblickt man deren Geschicke, kann man heute sagen: Sie alle, die mit starkem Selbst- und Sendungsbewusstsein angetreten sind, sind auf dem Boden der Realpolitik und der Wahrheit über sich selbst angekommen. Die Wähler, die es den Alt-Parteien (zu denen mittlerweile auch die Grünen gehören) mal richtig zeigen wollten, dürften ernüchtert sein.

Die AfD hat sich in schwer zu überblickendem persönlichen Gezänk selbst zerlegt, und wenn der Hülser AfD-Mann Wolfgang Eitze seine Pressemitteilungen mit "Mit alternativen Grüßen" unterschreibt, dann denkt man mit Blick auf die innere Zerrüttung dieser Partei: Die guten alten freundlichen Grüße sind einem am Ende lieber.

"Partei" und "Piraten", die sich zur Gruppe zusammengefunden hatten, sind wieder getrennt, und auch die "Linke" lässt an ihren Rändern Risse erkennen - wenn auch nicht im Rat, sondern in der Bezirksvertretung Oppum/ Linn mit der undurchschaubaren Niederlegung seines Mandats durch Jürgen Junginger.

Die UWG ist ein Auffangbecken für Gestrandete: Ruth Brauers, die auf dem Ticket der AfD in den Rat gekommen ist, und der "Die Partei"-Mann Claus-Dieter Preuß haben hier eine neue politische Heimat gefunden, besser: einen Ankerplatz. Es gibt im Rat durchaus das Misstrauen, dass die Fraktionsbildung weniger politischer Verbundenheit als kaltem Kalkül geschuldet ist. Ab drei Mann hoch ist man Fraktion mit Büro und Geschäftsführung. Nun, es wird sich zeigen, wie tragfähig dieses neue Bündnis ist.

Fürs Erste bleibt den Wählern der Kleinen die ernüchternde Erkenntnis, dass man auch denjenigen, die sich mit breiter Brust als die ganz Anderen, die ganz Neuen, die endlich ganz Vernünftigen anpreisen, mit gesunder Skepsis begegnen sollte. Die Hoffnung Krefelds auf die Lösung des schwersten politischen Problems der Stadt - dem Nothaushalt - ruht mitnichten auf den Neuen, sondern auf SPD, CDU und den Grünen. Nach Lage der Dinge bleibt es auch dabei: Die "Alten", die Erfahrenen, die Etablierten werden es richten, man kann auch sagen: die Unaufgeregten, die nicht so Vollmundigen - Leute und Parteien, die in langen Jahren der Arbeit bewiesen haben, dass die Mühe der Ebene eine eigene, starke Würde hat. vo

(RP)
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