Krefeld Wie die Orgel nach St. Dionysius kam

Krefeld · Mit einer Filmdokumentation startete das Konzertjahr zum Zehnjährigen der Klais-Orgel. Die Krefelder feierten ihr Instrument.

 Ein riesiges Gerüst in der Kirche. Die Bauteile der Orgel werden vorsichtig heraufgezogen: So sah es im Frühjahr 2007 in der Dionysiuskirche aus.

Ein riesiges Gerüst in der Kirche. Die Bauteile der Orgel werden vorsichtig heraufgezogen: So sah es im Frühjahr 2007 in der Dionysiuskirche aus.

Foto: T.L.

So viel mediales Interesse wie momentan die Klais-Orgel in Hamburgs brandneuer Elbphilharmonie hat ihre ältere Schwester in Krefelds Dionysius-Kirche zwar nie bekommen, unter den Top-Organisten der Welt aber genießt auch sie einen hervorragenden Ruf, wie die Besetzung des "Internationalen Orgelzyklus" in St. Dionysius jedes Jahr aufs Neue beweist.

Die diesjährige Reihe ist ganz dem "kleinen Jubiläum" gewidmet. Mit ihren zehn Jahren ist die Krefelder Klais, die bei fachkundiger Pflege noch gut und gern 100 klangvolle Jahre und mehr vor sich hat, im Sprachgebrauch ihrer Fans immer noch die "neue Klais", wie Regionalkantor Andreas Cavelius in seiner kleinen Ansprache sagte. Und zum Auftakt am Sonntag wurde der Film gezeigt, mit dem Werner Söhningen seinerzeit die Entstehung dieses Instruments vom ersten Entwurf bis zur Einweihung dokumentiert hat. Philipp Klais, Chef des Familienbetriebs in der vierten Generation, gewährte und kommentierte die Blicke hinter die Kulissen.

Die ersten Planskizzen für das Instrument fanden noch ganz klassisch mit dem Bleistift auf Papier statt. Erst ab einem bestimmten Punkt wurde der Computer zum Hauptwerkzeug für die Konzeption. Nur sechs bis zehn Jahre abgelagertes Eichen- und Fichtenholz durfte für Pfeifen und Gehäuse Verwendung finden. Bei 180° C Gießtemperatur entstanden die Bleche aus sorgsam berechneten Zinn-Blei-Legierungen. Das Publikum in der Dionysiuskirche konnte beobachten, wie sie geschnitten und gebogen wurden, wie Pfeifenfüße, Pfeifenkörper und die Labiale, die mundähnlichen Öffnungen der Pfeifen, gefertigt und die Teile zusammengefügt wurden.

Dann erfolgte das Vor-Intonieren, bei der Philipp Klais die Pfeifen auch mit dem Mund anblies. Die Tischlerarbeiten für Windladen, Gehäuse und Spieltisch folgten, und die Millimeterarbeit des Verpackens und des Ver- und Entladens verlief ebenso spannend wie das Hieven der Teile per Flaschenzug auf die Orgelempore. Die Montage und das Intonieren von 2915 Pfeifen leiteten schließlich über zur Einweihung, bei der Andreas Cavelius ein Opus seines Sohnes David spielte und Bachs berühmte Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565.

Sichtlich beeindruckt von diesem filmischen Rückblick auf die Entstehung "ihrer" Klais lauschten die Zuhörer in der gut besuchten Kirche dann noch dem fulminanten Live-Vortrag von Jean Langlais' "Fete pur orgue" durch Andreas Cavelius und spendeten schließlich stehend Applaus.

Das nächste Konzert in der Jubiläumsreihe Orgelzyklus 2017 gestaltet Andreas Warler am Sonntag, 26. März, 16.30 Uhr, mit Werken von Firmin Decerf, Bach, Mendelssohn Bartholdy, Franck und Widor.

(RP)
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