Krefeld Willkommen in Krefeld

Krefeld · Was sehen Besucher Krefelds eigentlich, wenn sie in die Stadt hineinfahren? Einfallstraßen sind unterschätzte Visitenkarten; oft prägen sie den ersten Eindruck, den man von der Stadt gewinnt. Wir machten die Probe aufs Exempel und wollten wissen: Welchen Eindruck gewinnt man denn nun von der Stadt, die sich immer noch stolz "Seidenstadt" nennt? Man gelangt auf sechs Wegen in die City. Hier die Protokolle über Eindrücke und Anmutungen.

Die Hülser Straße führt aus nördlicher Richtung bis zur Weyerhofstraße als vierspurige Einfallstraße in die Innenstadt - getrennt durch die Gleise der Straßenbahn. Autofahrer können sich in der Regel über eine fast durchgehende Grüne Welle freuen. Aus Hüls kommend, müssen sie allerdings zunächst die Ampeln am Botzweg und am Kützhofweg, von denen eine immer Rotlicht zeigt, hinter sich gebracht haben. Wer sich an das vorgeschriebene Tempo 50 hält, muss dann nur noch an der Siempelkampstraße/Flünnertzdyk regelmäßig bei Rot warten, bis die Kreuzung mit Blumentalstraße und Birkschenweg erreicht ist.

Ab dieser Kreuzung ist es in Richtung Innenstadt jedoch mit jeglichem Verkehrsfluss vorbei. Von den folgenden sechs beampelten Kreuzungen und Einmündungen bis zum Nordwall kann - bedingt durch die Einspurigkeit ab Weyerhofstraße - mit viel Glück vielleicht eine Ampel bei Grün passiert werden. Optisch Gefälliges hat die von zweckmäßigen Wohnbauten und Gewerbegebäuden bestandene Hülser Straße kaum zu bieten.

Das ehemalige Kapuzinerkloster und die künftige Grabeskirche St. Elisabeth von Thüringen sind schlicht gehaltene Backsteinbauten. Ein wenig Grün ist gegenüber dem Gasthaus Niederrheinischer Hof zu erblicken, wo das Denkmal "Der mahnende Engel" des Bildhauers Theo Akkermann steht.

Ins Auge fällt danach nur noch die evangelische Pauluskirche gegenüber dem Moritzplatz, der zuletzt wieder auf Vordermann gebracht worden ist.

Hinter diesem Platz wird es ein wenig ansehnlicher, wenn man ein Auge für kleine, zweigeschossige Häuser aus der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hat. Darüber hinaus kann der Nordbezirk mit zahlreichen Geschäften aufwarten, die diesen Stadtteil lebendig machen. An der Aufweitung vor der Drießendorfer Straße steht noch eine alte Pferdetränke.

Gladbacher Straße - die ärmliche

Auf wenigen Kilometern zeigt Krefeld nirgends so viele verschiedene Gesichter wie auf der Gladbacher Straße. Wer die A 44 an der Abfahrt Forstwald verlässt, erlebt nach der langgezogenen Kurve zuerst einmal optische Weite und üppiges Grün. Wenn im Frühjahr die Bäume knospen oder das Laub des Forstwaldausläufers sich im Herbst bunt färbt, ist das ein prächtiger Willkommensgruß. Die grüne Qualität der Stadt lässt sich bis zur Brücke erfahren. Dann offenbart sich Krefeld als Industriestandort. Die Architektur der früheren Edelstahlwerke zeigt noch, dass hier einmal Geld gemacht wurde. Schräg gegenüber verrät das frühere TAG-Gelände nicht gleich, dass sich hier im Log-Werk wirtschaftlich einiges tut. Anders ist das wenige Meter weiter mit dem repräsentativen Neubau des Autohändlers Tölke und Fischer. Doch wer hinter der Ampel von der vierspurigen Straße zweispurig geradeaus fährt, sieht verblassten Glanz. Viele Häuser, im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert gebaut, sind abgewohnt und vernachlässigt. Die ehemals Jugendstil-prächtigen Haustüren durch Kunststoff-Sünden ersetzt worden. Hier hat die Straße ein Schmuddel-Flair, das erst am Lutherplatz aufgehoben wird, wenn alte Bäume, stilvoll restaurierte Häuser und die beeindruckende Lutherkirche in den Blick kommen.

Von diesem Bild sollte der Passant zehren, wenn er rechts in die Ritterstraße einbiegt und Richtung Hauptbahnhof fährt. Denn an dieser Stelle marodieren leer stehende Ladenlokale. Seit der Händler, der bei trockenem Wetter die gesamte Außenwand seines Geschäfts mit seinen Stofftieren wie auf dem Basar spickte, verschwunden ist, fehlt dieses Quäntchen urigen Charmes. Ab Bahnhof auf dem Ostwall gibt sich Krefeld wieder großstädtisch.

Berliner Straße - die vielgestaltige

Wer von der Anschlussstelle Krefeld-Zentrum der A 57 die vierspurige Berliner Straße in Richtung Innenstadt nimmt - Achtung, bereits hier gilt Tempo 50 ! - fährt durch eine zweckmäßige Allee mit schönem, dichtem Baumbestand. Bis zum Gelände des Zoos, dem benachbarten Grotenburgstadion und dem großen Café del Sol gibt es am direkten Straßenrand so gut wie keine Wohnbebauung. Autofahrer kommen über diese Zufahrtsstraße gut voran, denn grundsätzlich funktioniert die Grüne Welle - unterbrochen von der Ampel an der Kreuzung Schönwasserstraße - bis zum Großmarkt an der Oppumer Straße und mit etwas Glück auch noch darüber hinaus.

In der Verlängerung der Berliner- bieten die Oppumer- und die Bahnstraße Straße als Zufahrt zur Innenstadt ein sehr unattraktives Bild, bedingt durch ältere Gebäude von Gewerbebetrieben und Wohnhäuser, die vor Jahrzehnten bessere Zeiten erlebt haben. Es gibt keine Bäume, und es fehlt Straßenbegleitgrün Ausgesprochen hässlich ist der Bunker an der Viktoriastraße.

St.-Töniser/St.-Anton-Straße - die graue

Aus Richtung St. Tönis führt die gleichnamige, vierspurige Zufahrtsstraße - vorbei an dem jungen Stadtteil Schicksbaum - in Richtung Innenstadt. An der Ecke Oberbenrader Straße liegen rechts der alt-ehrwürdige Mörterhof und links der Benrader Obsthof. Gegenüber dem modernen Gebäude der Stadtwerke liegt zwischen alten Wohnhäusern mit teils schönen Fassaden der grüne Obergplatz. Hinter der Bahnunterführung fallen bis zur Gutenbergstraße rechts der große Verwaltungsbau mit der Fassade von 1904 und gegenüber die ehemalige Volksschule aus Backstein ins Auge.

Gleich dahinter ist es mit der Vierspurigkeit zu Ende, denn ab der gigantischen Kreuzung mit dem Preussenring stehen auf der jetzt St.-Anton-Straße genannten Einfallstraße parkende Autos am Straßenrand. Die durchgängig mit wenig ansehnlichen vier- bis fünfgeschossigen Wohnhäusern begleitete Straße ist die einzige Ost-West-Achse durch die Stadt und muss entsprechend dichten Verkehr aufnehmen. Bis zum Westwall hat die Straße bis auf den links liegenden Stadtgarten, der unlängst attraktiv umgestaltet wurde, ebenfalls keine optischen Highlights zu bieten.

Acht beampelte Kreuzungen sind zwischen Oberbenrader Straße und Westwall zu queren. Grünlicht über mehr als zwei Ampeln hintereinander ist angesichts des starken Verkehrs äußerst selten.

Moerser Straße - die ländliche

Grüne Wiesen und Weiden begleiten den Autofahrer, der aus Richtung Moers über die Nieper Straße nach Krefeld einfährt. Einen schönen Anblick bieten auch die beiden mit Blumen und Grünpflanzen gestalteten Kreisverkehre am Flünnertzdyk und an der Einmündung der Moerser Landstraße. In dieser Höhe ziehen auch die frei stehenden Einfamilienhäuser des Krefelder Architekten Karl Buschhüter aus den frühen 30er Jahren die Blicke auf sich.

Vor dem historischen Gasthaus Marcelli ergibt sich ein Blick auf die oft von Schafen beweidete Wiese an dem Kuhlengewässer. Bislang hatten Autofahrer angesichts enormer Rückstaus stets ausgiebig Zeit dafür. Mit dem Einbau einer Linksabbiegespur in die Heyenbaumstraße sollte es bald deutlich zügiger vorangehen.

Letztmalig präsentiert sich dahinter zwischen dem Hökendyk und der "Zeltkirche" St. Hubertus an der westlichen Seite der Moerser Straße landwirtschaftlich genutzte Fläche, an deren Rand zurzeit noch die provisorische Baustraße den Verkehr aufnimmt. Hinter dem Europaring beginnt der beidseitig mit attraktiven Ein- und Zweifamilienhäusern bebaute Teil des Stadtteils Kliedbruch mit dem begrünten Grafschaftsplatz auf der östlichen Seite. Schöne Stadthäuser finden sich auch noch jenseits des Breiten Dyks bis zum baumbestandenen Moerser Platz. Nach Passieren der Philadelphiastraße fallen rechtsseitig noch die historischen Gebäude des Haus Blumental und des Ricarda-Huch-Gymnasiums auf. Auf der recht langen Strecke muss der Autofahrer bis in die Innenstadt allerdings nur sechs beampelte Kreuzungen hinter sich bringen. Nach dem Europaring gelingt das nicht selten mittels grüner Welle.

Uerdinger Straße - die prächtige

Die sicherlich schönste Zufahrt in die Krefelder Innenstadt bietet die Uerdinger Straße. Wer von der A 57 die Abfahrt Krefeld-Zentrum nimmt und in die Essener Straße einbiegt, die dann zur Uerdinger Straße wird, kommt zunächst am ehemaligen Rittersitz Haus Neuenhofen und am Jugendstil-Rathaus gegenüber dem begrünten Bockumer Platz vorbei.

Nur wenige hundert Meter weiter zieht das Haus Sollbrüggen, die städtische Musikschule, die Blicke auf sich. Sie liegt im schönen gleichnamigen Park, dem sich nahtlos der nicht minder attraktive Schönhausenpark anschließt. Auf der gegenüber liegenden Seite dieses Abschnitts der Uerdinger Straße steht vor dem Gelände des Krefelder Zoos eine Reihe beachtenswerter Villen im Stil der 20er und 30er Jahre.

Im folgenden Abschnitt zwischen Eichendorff- und Grenzstraße schmücken beiderseits der baumbestandenen Uerdinger Straße eindrucksvolle Stadthäuser der Gründerzeit und des ausgehenden 19. Jahrhunderts die Zufahrt zur Innenstadt.

Die Gebäude präsentierten sich lange Jahre in strahlendem Weiß, so dass sie Krefeld damals sogar den Namen "Weiße Stadt am Niederrhein" eingebracht hatten. Seit dem Jahr 2000 sind einige Eigentümer der Aufforderung der heimischen Denkmalbehörde gefolgt und haben ihre Häuser wieder weiß streichen lassen. Hinter dem Sprödentalplatz und dem gegenüber liegenden Gebäude des Finanzamts von 1930 reduziert sich die Schönheit allerdings auf die großen Platanen, die die Uerdinger Straße bis kurz vor ihrem Ende begleiten. Autofahrer brauchen auf dieser Strecke ab der A 57 angsichts meist starken Verkehrs und neun beampelter Kreuzungen schon ein gehöriges Stück Geduld - vor allem, wenn vor ihnen eine der alle siebeneinhalb Minuten verkehrenden Straßenbahnen fährt.

(RP)
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