Outokumpu-Mitarbeiter kritisieren Krefeld-Sparpläne "Zieh ab, Du lügst"

Krefeld · Outokumpu will auch in Krefeld drastisch sparen - 144 Millionen Euro weniger als vorgesehen werden in Stahldorf investiert. Die Stahlarbeiter demonstrierten spontan. Outokumpu-Chef Seitovirta trat überraschend vor die Arbeiter. Die Belegschaft äußerte ihren Unmut lautstark.

Oktober 2013: Proteste bei Outokumpu in Krefeld
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Oktober 2013: Proteste bei Outokumpu in Krefeld

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Die massiven Sparpläne des finnischen Stahlriesen Outokumpu treffen auch Krefeld hart. Outokumpu-Vorstandschef Mika Seitovirta kam am Dienstag nach Krefeld an die Oberschlesienstraße, um der Werksleitung seine Pläne zu erläutern - überraschend stellte er sich später auch der Belegschaft. Die reagierte

Vor der Verwaltung hatten sich am Dienstag ab 13 Uhr Krefelder und Benrather Stahlarbeiter versammelt. 5500 Mitarbeiter hat Outokumpu in Deutschland, 800 Stellen sollen gestrichen werden. Wie sich das auf das Krefelder Werk mit derzeit noch 1900 Mitarbeitern auswirkt, ist unklar. Die Gewerkschaft IG Metall befürchtet, dass bis zu 350 Stellen in der Krefelder Produktion wegfallen könnten, dazu auch Verwaltungsjobs.

Investitionen werden gekürzt

2012 hatte Outokumpu dem deutschen Rivalen ThyssenKrupp die Edelstahlsparte Inoxum für 3,2 Milliarden Euro abgekauft. ThyssenKrupp ist seitdem zu 29,9 Prozent am Unternehmen beteiligt. Der Outokumpu-Betriebsrat wirft Mika Seitovirta jetzt Vertragsbruch vor. Er habe eine Investition in Höhe von 244 Millionen Euro für die Nirosta-Ferrit-Optimierung (Nifo) sowie 20 Millionen Euro Investition in ein Forschungszentrum Krefeld versprochen. Jetzt sollen nur noch 100 Millionen Euro in Krefeld investiert werden. Das Benrather Werk wird dafür geschlossen - von der Benrather Schließung werden 480 Arbeitsplätze betroffen sein.

Nur noch "einem Teil der Benrather Belegschaft" werde jetzt eine Beschäftigung in Krefeld angeboten, teilte Outokumpu gestern mit. Zuletzt hatte es geheißen, dass bis zu 380 Mitarbeiter dieser Mitarbeiter in Krefeld einen Job finden können. Nach den geplanten Schließungen wird Outokumpu Nirosta aus nur noch zwei spezialisierten Produktionsstandorten bestehen: Krefeld und Dillenburg, mit einer gemeinsamen jährlichen Kaltwalzkapazität von 450.000 bis 500.000 Tonnen. Auch soll Krefeld mit seinem Schwerpunkt auf kundenorientierter Innovation und neuen Produktanwendungen eine zentrale Rolle in der Forschungs- und Entwicklungsstrategie spielen.

Seitovirta stellt sich Belegschaft

In seiner Rede vor rund 800 Stahlarbeitern und Mitarbeitern der Verwaltung brachten die Betriebsräte Norbert und Bernd Kalwa aus Krefeld ihren Unmut über die neue Strategie zum Ausdruck und verwiesen auf Absprachen: "Seit dem Krieg ist in der deutschen Stahlindustrie mit der IG Metall noch nie ein Tarifvertrag gebrochen worden. Wir sind bestürzt, wir haben die Schnauze voll", sagte Norbert Kalwa. Er drohte mit Streiks, falls sich Outokumpu nicht auf neue Gespräche einlasse. Bernd Kalwa erinnerte an das Jahr 2003 - ein Teil des Krefelder Edelstahlwerkes war bereits da an Outokumpu verkauft und drei Jahre später stillgelegt worden. "Auf schäbige Art und Weise" habe Outokumpu damals Krefeld verlassen, sagte Bernd Kalwa.

Er habe aufgrund des Auftretens des neuen Chefs Mika Seitovirta nicht daran geglaubt, dass es eine Wiederholung dieses Szenarios geben könnte. Auch an den größten Shareholder ThyssenKrupp stellte Bernd Kalwa Forderungen - die Umstrukturierungen bei Outokumpu werden kaum ohne Absprache mit ThyssenKrupp gelaufen sein, mutmaßte er am Mikrofon. "Wenn man eine Braut heiratet, muss man sie ernähren können", sagte Kalwa.

Auf Plakaten griff die Belegschaft den Vorstandsvorsitzenden Seitovirta direkt an: "Lügen haben kurze Beine, ihr Vorstandszwerge", sagten sie. Der Chef selbst scheute die Auseinandersetzung nicht. Er trat nach den Reden der Gewerkschaftler, die er von hinten gehört hatte, spontan ans Mikrofon und erklärte auch dort - auf Deutsch von einem Zettel ablesend - das Sparprogramm. Einige Mitarbeiter schrien: "Zieh ab", "Du lügst". Seitovirta hörte jedoch auch da den Forderungen Bernd Kalwas noch zu, als ihn enge Vertraute schon wieder in den Hintergrund ziehen wollten. Manche Stahlarbeiter staunten über dieses Stehvermögen: "Einen Arsch in der Hose hat er ja", sagte einer.

(RP)
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