Heinsberg Als Azubi im Norden Schottlands gelernt

Heinsberg · Was bei Studenten Auslandssemester heißt, gibt es auch für Auszubildende - zumindest für drei Wochen: So lange arbeitete Alexander Kopp, Lehrling bei Elektro Schroeder in Heinsberg, in Elgin bei einer dortigen Elektrofirma.

 Azubi Alexander Kopp (v.l.), sein Chef Johannes Schroeder, Paul McHardy von der schottischen Firma Campell & McHardy und George McPhee, der den Kontakt zwischen den beiden Firmen vermittelt hatte.

Azubi Alexander Kopp (v.l.), sein Chef Johannes Schroeder, Paul McHardy von der schottischen Firma Campell & McHardy und George McPhee, der den Kontakt zwischen den beiden Firmen vermittelt hatte.

Foto: THE NORTHERN SCOT

Ein Chef, der seinen Azubi im Kundendienstfahrzeug bis in die schottischen Highlands kutschiert und ihm dort das Auto für drei Wochen überlässt und sich selbst per Flieger wieder vom Acker macht - das klingt reichlich skurril. Im Fall von Johannes Schroeder, Inhaber von Elektro Schroeder in Heinsberg, und seinem Auszubildenden Alexander Kopp ist aber genau das passiert: Von Heinsberg fuhren die beiden mit diesem Auto nach Rotterdam, mit der Nachtfähre ging es weiter ins englische Hull, und von da fuhren die beiden rund 800 Kilometer rauf in Schottlands Norden nach Elgin, einer 30.000-Einwohner-Stadt im Bezirk Moray, zwischen Inverness und Aberdeen gelegen.

"Wir haben es aber ganz gemütlich angehen lassen, wollten was von der Landschaft sehen und haben daher auf halber Strecke auch eine Übernachtung eingelegt", berichtet Schroeder - und verrät schmunzelnd: "Meiner Frau habe ich natürlich erzählt, dass das eine Dienstreise ist."

Was sie aber eigentlich auch war. Denn in Elgin stand für Alexander Kopp, angehender Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik im dritten Lehrjahr, ein dreiwöchiger Azubi-Austausch bei der dortigen Elektrofirma Campbell & McHardy an - als Dachorganisation getragen von der in Düsseldorf ansässigen Azubi-Auslands-Initiative "let's go!" (siehe Info).

"Bezahlt habe aber ich den in der Zeit weiter. Der hat da also quasi drei Wochen lang auf meine Kosten gelebt", witzelt Schroeder gut gelaunt. Bei einer Veranstaltung der Kreishandwerkerschaft hatte er von der Möglichkeit des Azubi-Austauschs erfahren - und fand die Idee auf Anhieb auch deswegen so gut, weil sie an die Tradition der Wanderschaft von Handwerksgesellen anknüpft. Was sich im Englischen übrigens auch noch an der Bezeichnung ablesen lässt. Dort heißt der Geselle ganz offiziell "journeyman" - "Reisemann" also. Schroeder fragte darauf bei Kopp mal nach, ob er sich so etwas vorstellen könne. "Ich war sofort Feuer und Flamme", bekräftigt der 21-Jährige.

Den Kontakt zu Campbell & McHardy hatte zuvor schon der in Elgin ansässige Gastwirt George McPhee hergestellt - den wiederum hatte die Familie Schroeder mitsamt dessen Familie in einem Urlaub auf Lanzarote kennengelernt. "Meine Tochter Theresa und seine Enkelin haben sich da mächtig angefreundet - und wir dann auch."

Bei McPhee war Kopp in den drei Wochen auch untergebracht - und akklimatisierte sich zudem rasch in der Firma. "Die ersten beiden Tage waren ein bisschen gewöhnungsbedürftig, habe ich erst mal nur zugeschaut. Doch danach habe ich mit angepackt, hatte dann auch die englischen Fachbegriffe drauf."

Was die Sache zunächst erschwert habe, sei das erheblich andere Arbeiten gewesen. "Die Häuser da sind größtenteils noch aus Holz, haben ein ganz anderes Stromleitungssystem, müssen daher auch die Kabel ganz anders verlegt werden", erläutert Kopp - und musste sich auch an anderes Arbeitsgerät gewöhnen: "Unsere Mauernutfräse ist da unbekannt. Da wird fast alles mit der Fuchsschwanzsäge gemacht, die hier nur noch bei Rigipswänden zum Einsatz kommt."

Stets gemeinsam mit einem Gesellen fuhr er zu den Kunden raus. Einen Einsatz hatte er in einem außergewöhnlichen Ambiente: "Da haben wir im Arndilly House, einem riesigen Herrenhaus mit über 15 Schlafzimmern, gearbeitet. Das war zuvor komplett kernsaniert worden." Die Arbeitszeit war ungefähr wie in Heinsberg auch - von 8 bis 16.45 Uhr. Natürlich nutzte auch Schroeder seinen immerhin dreitägigen Aufenthalt vor Ort, um sich intensiv mit seinem Unternehmerkollegen Paul McHardy auszutauschen. Sein Fazit: "Vieles ist ähnlich, manches aber auch anders." So die Kosten: Müsse er nicht zuletzt wegen der hohen Lohnnebenkosten für seine Kunden einen Stundenlohn von 50 Euro ansetzen, seien es bei McHardy nur 36 Euro. "Und in Schottland kostet eine Kilowattstunde Strom nur 15 Cent - bei uns sind es locker 25 Cent."

An eines konnte er sich beim ansonsten sehr geschätzten Kollegen aber nicht gewöhnen: dessen Unordnung im Büro. "Da ist alles einfach gestapelt. Da habe ich schon einen Hals bekommen. Wofür gibt es schließlich Regale?" Das sei aber wohl generell ein angelsächsisches Phänomen, ergänzt er grinsend. "Die Büros, die ich in den USA kenne, sehen nicht anders aus."

(emo)
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