Kreis Heinsberg Auf dem Weg zum Weltraumaufzug?

Kreis Heinsberg · Über Chancen und Gefahren der Zukunftstechnologien sprach Informatik-Professor Hermann A. Maurer auf Einladung der Kreissparkasse in der Themenreihe "Digitale Welt". Er plädierte für Technologien mit menschlichem Antlitz.

 Prof. Dr. Dr. Hermann Maurer referierte bei der Kreissparkasse Heinsberg über die digitale Zukunft.

Prof. Dr. Dr. Hermann Maurer referierte bei der Kreissparkasse Heinsberg über die digitale Zukunft.

Foto: JÜRGEN LAASER

"Wir wissen eigentlich fast nichts!" Der das sagt, muss es wissen: Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hermann A. Maurer, einer der ersten Lehrstuhlinhaber für Informatik auf der Welt, den Zukunftsforschung bewegt, und der darum auch sicher ist, dass die Menschheit bald viel mehr wissen wird. Und für den das Glas immer halb voll und nicht halb leer ist. Der Österreicher von der Universität Graz plädierte bei einem Vortrag in der Kreissparkasse Heinsberg (KSK) für Zukunfts-Technologien mit menschlichem Antlitz.

KSK-Vorstandsvorsitzender Thomas Pennartz stellte eingangs der Veranstaltung mit mehr als 200 Besuchern nach einem Gewitter fest, dass ein Regenbogen als Phänomen über der Kreisstadt den Referenten zur Vortragsreihe "Digitale Welt" wohl passend begrüßt habe.

"Warum Unglaubliches auf uns zukommt und wir uns nicht über alles freuen werden." Das war das vorgegebene Thema des Mathematik-Professors, der gleich damit aufräumte, dass man langfristige sichere Prognosen stellen könne, auch wenn das Wissen selbst rasant wachse. Entdeckungen und Entwicklungen könne man nicht voraussagen, nach Prognosen von vor 50 Jahren müssten zurzeit eigentlich Atomeisenbahnen die Gleise befahren und Menschen in Städten auf dem Meeresboden leben.

Er sei selbst mit einer Prognose auf die Nase gefallen, indem er als Student in Kalifornien 1960 vorausgesagt habe, dass in 30 Jahren keine Krawatten mehr getragen würden. Als Folge trage er persönlich seit 1990 keine Krawatte mehr, sondern eine Halskette (mit Medaillon des Grazer Uni-Stifters Erzherzog Johann).

Defizite zeige die Menschheit mit der Unfähigkeit, allein die Fotosynthese, pflanzliche Umsetzung von Licht in Energie, nachzuvollziehen, Licht und Bewegungsenergie könne nicht gespeichert werden. Forschung sei vonnöten und befreie von Ängsten - warum würden keine Sonden entwickelt, die die Erwärmung der Atmosphäre herunterhole und in Steine verwandele? Mit dem Ansteigen des Meeresspiegels könne man die Sahara bewässern.

Energiesparen sei Unsinn, Sinn mache vermehrte Produktion. Die sei aus Fracking, Erdwärme und Kernfusion mit den richtigen Technologien günstig zu gewinnen. Die Kohlenstoffvariante Graphen sei, so Professor Maurer, ein derzeit noch teuer herzustellender Werkstoff, der Silizium in der Elektronik ersetzen könne, dessen Konsistenz ihn prädestiniere, einen "Weltraumaufzug" von 30.000 Kilometern Länge zu schaffen. "Seltene Erden" als Rohstoff könnten von Asteroiden geholt werden.

Neben weiteren zahlreichen Zukunftsprojekten listete Maurer aber auch Gefahren auf. Elektronik und Informationstechnologien machten die Menschheit abhängig und böten Raum für Cyber-Kriminalität. Gefördert gehöre mehr Regionalität bei der Warenproduktion - eine "asymmetrische Entfernungssteuer" mache Produkte aus entfernten Weltregionen teurer, schaffe und sichere Arbeitsplätze in den europäischen Regionen. Neue Technologien erhöhten die Arbeitslosigkeit nicht, führten aber zu Umschichtungen; erhebliche Gefahren sieht der Wissenschaftler in der größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich.

Als Gegengewicht zur Verdummung durch allumfassende Informations- und Kommunikationstechnologien empfiehlt Professor Maurer "Kreativität im Denken und Kommunizieren".

(isp)
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