Wegberg Ausstellung im Rathaus: 150 Jahre Hephata-Stiftung

Wegberg · Der verständnisvolle Umgang mit Menschen mit Behinderung ist eine Errungenschaft, die eine lange Vorgeschichte hat. Die Wanderausstellung der evangelischen Hephata-Stiftung "Menschen mit Behinderung: versteckt, verwahrt, gefördert, inkludiert" erzählt sie – und macht nachdenklich.

Drei Geschichten

Die Rückschau auf 150 Jahre Stiftungsarbeit macht im Wegberger Rathaus Station und zeigt exemplarisch, wie sich das gesellschaftliche Bild von Menschen mit Behinderung wandelt. Eigentlich erzähle die Ausstellung drei Geschichten, sagte Pfarrer Christian Dopheide, Vorstandsmitglied der Stiftung, bei der Eröffnung. Zum einen die 1859 beginnende Geschichte der Stiftung selbst, zum anderen, und das sei der wesentlich wichtigere Teil, die Geschichte der Menschen mit Behinderung selbst, ihren Charakteren, ihrer Lebensfreude und Lebensweisheit, die der von Menschen ohne Behinderung ebenbürtig sei. Zum Dritten werde die Geschichte der Gesellschaft erzählt und wie sie im Wandel der Zeit mit Menschen mit Behinderung umging, wie sie sie sah und welche Namen sie ihnen gab.

Manche dieser Namen, so erfährt man auf den großformatigen Tafeln, die im ersten Stock des Rathauses aufgestellt sind, waren nicht einmal geringschätzig gemeint. Klingen tun sie jedoch so. "Cretin", "Idiot" und "Irrsinnige" wurden Menschen, die nicht so funktionierten, wie es die Gesellschaft erwartete, lange vor dem Zweiten Weltkrieg genannt. Die Einstellung des Taubstummenlehrers und Leiters der ersten Hephata-Einrichtung im Jahr 1859, dass Menschen mit Behinderung überhaupt gefördert werden könnten, war sehr umstritten. Mit dem Thema Euthanasie und dem damaligen Begriff "unwerten Lebens" greift die Ausstellung die Zeit des Dritten Reiches auf, in der Menschen mit Behinderung auch aus den Einrichtungen der Hephata verschleppt und zu Hunderttausenden getötet wurden. Die Nachkriegszeit, die neueren rechtlichen Entwicklungen durch die Sozialgesetzbücher, der interne Wandel der Hephata von Heimen zu kleineren Wohngruppen und dem Konzept der Inklusion, bei dem Menschen mit Behinderung als Teil eines gesellschaftlichen Sozialgefüges gesehen werden, sind weitere Stationen der Ausstellung.

An einer Tafel kommen Menschen mit Behinderung selbst zu Wort. Bei einem 20-Minuten-Film mit Interviews, coproduziert mit der Universität Düsseldorf, fassen sie ihre Erinnerungen an frühere Lebensumstände zusammen. Auch zum Eröffnungsbeginn ergriff Frank Severin neben Bürgermeister Reinhold Pillich das Wort und berichtete aus dem Leben im Wegberger Hephata-Wohnprojekt.

Die Ausstellung mit 31 Tafeln ist noch bis 12. März zu den üblichen Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.

(RP)
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