Kreis Heinsberg Brauchen Bäcker die Hygiene-Ampel?

Kreis Heinsberg · Kritikpunkte: Der Kunde, der "Gelb" sieht, kann die Ursache nicht auf Anhieb ersehen. Obermeister: "Das geht an die Existenz." Kontrollen sind kostenpflichtig. Geforderte Dokumentationen verursachen hohen Arbeitsaufwand.

Kreis Heinsberg: Brauchen Bäcker die Hygiene-Ampel?
Foto: Shutterstock (Archiv)

Im Januar soll der NRW-Landtag das "Gesetz zur Bewertung, Darstellung und Schaffung von Transparenz von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung" verabschieden. Volkstümlich ausgedrückt kommt die "Hygiene-Ampel", da den Ergebnisstufen die Farben Grün für "Anforderungen erfüllt", Gelb für "Anforderungen teilweise erfüllt" und Rot für "Anforderungen unzureichend erfüllt" zugeordnet werden. Alle Lebensmittelunternehmer, die ihre Waren direkt an den Endverbraucher verkaufen, sollen diese Ampel gut sichtbar im Schaufenster oder an der Eingangstür anbringen. Das Bäckerhandwerk protestiert bis Ende Oktober mit der Aktion "Remmel-Semmel".

Der Verband Rheinisches Bäckerhandwerk hatte die Aktion Ende September in Düsseldorf gestartet, einige Bäckereien verkaufen seither ihre Brötchen in Tüten mit Protest-Aufdruck. "Nicht durchdacht" findet der Wegberger Bäckermeister Klaus Hintzen den Vorstoß, denn: "Dass man sauber arbeitet, ist selbstverständlich." Dem kann Innungsobermeister Edwin Mönius aus Birgelen nur zustimmen: "Wir haben die schärfsten Lebensmittelgesetze in ganz Europa. Damit haben wir alle Mittel in der Hand, um schwarze Schafe auszusortieren."

Für Remmel ist es ein "Meilenstein in Sachen Verbraucherschutz", für Kritiker ein "Pranger". Wird ein Detail nicht protokolliert, ein Deklarationsschild an der Ware vergessen, kann die Ampel schon auf "Gelb" springen. Was soll da der Kunde denken? Dass der Bäckermeister seines Vertrauens die Sauberkeit nicht mehr gebacken bekommt? Monatelang hängt dann "Gelb" im Fenster. "Im Einzelfall kann man sich die Nachkontrolle sparen, weil der arme Kollege schon nicht mehr geöffnet hat", befürchtet Obermeister Mönius. "Das geht schon an die Existenz." Außenstehende können halt nicht ersehen, warum für den Betrieb die Ampel auf "Geld" steht. Deshalb ist auch Hintzen sicher: "Hygienisch bringt das gar nichts." Dafür verursache die Kontrolle nach einem Punktesystem mega viel Arbeit. "Und die bleibt an mir und meiner Frau hängen", so der 49-Jährige. Der Wegberger hat bei der Düsseldorfer Firma Beku bereits ein Seminar absolviert, das auf die neuen Regelungen zu den Kontrollen einstimmt und erklärt, was auf Lebensmittel-Betriebe zukommt. "Die Eigenkontrolle gibt es schon. Neu sind nur Nuancen", hat Klaus Hintzen dabei festgestellt. Zum Beispiel dürfe niemand mehr einen Personalkittel mit nach Hause nehmen, die dürften nur noch von Fremdfirmen oder im Betrieb gewaschen werden. Der Bäckermeister hat schon jetzt Nachwuchsprobleme, seine Söhne wollen den Betrieb nicht übernehmen - "die sehen doch, wie Papa arbeiten muss. Täglich verfügbar, keinen Sonntag oder Feiertag frei." Doch er will weitermachen und sich dem Unvermeidlichen fügen: "Ab 2017 kann man Probeläufe machen. Da werde ich mich freiwillig melden und versuchen mitzumachen."

Für Innungsobermeister Edwin Mönius gibt es noch Unklarheiten. "Wie wollen die das bei den Großbäckereien regeln? Gibt es zum Beispiel in Schwalmtal Verstöße, wo hängt dann die Ampel? In der Produktionsstätte oder in jeder Filiale, die ansonsten hygienisch einwandfrei ist?" Zudem ärgert ihn, dass die Handwerksbetriebe die Lebensmittelkontrolle plus 20 Euro Anfahrtsgebühr auch noch bezahlen müssen. "NRW ist eines von zwei Bundesländern, in denen das kostenpflichtig ist."

(gala)
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