Erkelenz Flüchtlinge in Arbeitsmarkt integrieren

Erkelenz · Industrie und Handel bereiten die Integration von Flüchtlingen in den regionalen Arbeitsmarkt vor. Damit das gelingt, wollen sie neue Wege gehen. Seitens des Staates fordern sie dafür jedoch Hilfen ein. Sprache und Werte sind das A und O.

 Thomas Pennartz von der Kreissparkasse Heinsberg, Kerstin Faßbender, IHK-Koordinatorin für das Thema "Flüchtlinge", und IHK-Präsident Bert Wirtz während der Jahresversammlung der Industrie- und Handelskammer in Aachen.

Thomas Pennartz von der Kreissparkasse Heinsberg, Kerstin Faßbender, IHK-Koordinatorin für das Thema "Flüchtlinge", und IHK-Präsident Bert Wirtz während der Jahresversammlung der Industrie- und Handelskammer in Aachen.

Foto: IHK Aachen/Andreas Herrmann

Das waren zentrale Botschaften von Bert Wirtz, dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Aachen, auf deren Jahresvollversammlung. Positive Zahlen aus der Wirtschaft zwischen Wegberg, Euskirchen und Aachen brachte Wirtz zur Sprache, ebenfalls fehlende Investitionen in die Verkehrs- und Digitalinfrastruktur sowie die fehlerhafte kommunale Standortpolitik, wenn Grund- wie auch Gewerbesteuern erhöht werden, um städtische Haushaltslöcher zu stopfen. Allen voran, in die Mitte und an den Schluss seiner Jahresrede im Aachener Rathaus stellte Bert Wirtz aber die Situation der Flüchtlinge. In einem Dreiklang richtete er Forderungen an den Staat, die Unternehmer sowie die Flüchtlinge.

In unsicheren Zeiten, wo Millionen Menschen sich auf der Flucht befinden, bilde in Deutschland die Wirtschaft ein stabiles Fundament. Auf dem lasse sich die Integration dieser Hilfesuchenden aufbauen, es müsse aber auch alles daran gesetzt werden, dieses Fundament zu erhalten. Wirtz konkret: Die EU habe sich im Abkommen von Schengen zum freien Grenzverkehr verpflichtet, "für einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts". Die Grenzen müssten offenbleiben. Nur so könne die Wirtschaft weiterhin gute Zahlen liefern. Und: "Der Staat muss dafür sorgen, dass er handlungsfähig bleibt. Er kommt nicht umhin, die Zahl neuer Flüchtlinge auf einem vertretbaren Niveau zu halten." Sowie: "Die Unternehmen sind bereit, neue, zum Teil anstrengende Wege zu gehen. Das ist aber nur möglich, wenn sie auch Planungssicherheit haben. Ein junger Mensch, der hier eine Ausbildung beginnt, muss diese auch beenden dürfen - unabhängig vom Aufenthaltstitel. Auch eine anschließende Einstellung muss möglich sein, um das betriebliche Engagement zu belohnen. Hier muss die Politik klare Regelungen schaffen."

Deutsch zu lernen und hier gültige Werte zu teilen, sieht Bert Wirtz als Pflicht für die Flüchtlinge, und die Ausbildung sei das A und O für deren Integration, zumal zwei Drittel der Asylsuchenden unter 30 Jahre und ein Drittel davon sogar unter 18 Jahre alt seien. Ersten jungen Menschen sei der Schritt in die Ausbildung schon gelungen: "Die Beispiele geben Hoffnung, sie machen Mut. Doch wir müssen auch ehrlich sein: Es handelt sich um Einzelfälle." Die IHK Aachen habe, damit der Schritt von mehr Menschen gegangen werden könne, unter anderem eine Koordinatorin eingesetzt, ermögliche Sprachkurse, werbe Praktikumsplätze ein und vermittle diese, begleite Flüchtlinge in Unternehmen und berate bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.

Gerne wies die IHK in Aachen auf Vorbilder hin: Eins kommt aus dem Kreis Heinsberg. Thomas Pennartz, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse, stellte es vor: "Norbert Bündgen aus Wegberg baut im Auftrag von uns und vom Deutschen Roten Kreuz Heinsberg eine Internetplattform auf, die Flüchtlinge und Unternehmer zusammenbringen soll. Auf der einen Seite können Unternehmen dort eintragen, was sie anbieten und was sie suchen. Auf der anderen Seite wollen wir vor allem die vielen Flüchtlingshelfer animieren, die die Asylsuchenden bestens kennen, diese über die Plattform beispielsweise für Praktika zu empfehlen. Sie können dort unter anderem eintragen, welche Fähigkeiten jemand mitbringt, welche Fertigkeiten, welche Erfahrungen, welche Sprachkenntnisse."

Zum Monatsende solle der Prototyp der Internetplattform fertiggestellt sein. Die Idee dazu hatte sich laut Thomas Pennartz aus Gesprächen zwischen DRK, Sparkasse und dem Software-Spezialisten Norbert Bündgen entwickelt. Die Kreissparkasse hatte beschlossen, selbst vier Flüchtlinge als Praktikanten einstellen zu wollen und begab sich auf die Suche nach geeigneten Personen - dass dabei der Erfahrungsschatz der vielen Flüchtlingshelfer von großem Wert ist, wurde festgestellt. Dieser Schatz soll nun über die neue Plattform für alle im Kreis Heinsberg gehoben werden.

(spe)
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