Kreis Heinsberg Gedanken zu Mariä Himmelfahrt

Kreis Heinsberg · Gottfried Maria Graaff, scheidender Regionaldekan, brachte einen Gedichtband heraus - entstanden und inspiriert von Momenten der Stille. Ein Gedicht hat er fürs heutige kirchliche Hochfest ausgewählt.

Heute kommt in Italien das öffentliche Leben komplett zum Erliegen - unabhängig davon, dass der 15. August diesmal auf einen Samstag fällt. Denn das ist an diesem Tag im Stiefelland auch ansonsten der Fall: Ferragosto, wie die Italiener diesen Tag nennen, ist dort ein Hochfeiertag - eine Mischung aus weltlichem und kirchlichem Fest. Und auch in überwiegend katholischen Ländern wie Österreich, Frankreich, Polen, Portugal und Spanien sowie in orthodoxen Staaten wie Griechenland und Rumänien ist der 15. August ein gesetzlicher Feiertag: Er ist das Fest Mariä Himmelfahrt - analog zur Himmelfahrt Christi also die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel. In zwei Bundesländern ist das auch hierzulande - zumindest teilweise - ein gesetzlicher Feiertag: in Bayern und im Saarland.

Ein Hochfest ist das also auch für Gottfried Maria Graaff. Der scheidende Regionaldekan der Region Heinsberg hat vor kurzem seinen ersten Gedichtband herausgebracht. "Begegnung mit dem Seelenfreund" hat er diesen getauft. "In der Stille steigen sie auf, Gedanken und Eindrücke, Gefühle, die sich formulieren und ausdrücken. In stillen Stunden der Innerlichkeit und Verbundenheit mit der Schöpfung, weit draußen in der Natur, lässt sich vernehmen der Klang der unhörbaren Stimme", heißt es auf dem Klappentext.

Eines dieser Gedichte hat der 50-Jährige vor drei Jahren genau um dieses Hochfest herum geschrieben: "Wege nach Innen . . ." ist am 14. und 16. August 2012 entstanden - bei einem Urlaub in Norwegen. Das Gedicht hat er zwar nicht explizit für Mariä Himmelfahrt geschrieben, dennoch finden sich Anknüpfungs- und Assoziationspunkte:

Wege nach Innen . . .

Die von sanfter Steigung anmutenden Hochtäler

sind in ihrem tiefen Grün

ein angenehmer Kontrast

zum schwarz der Felsen und weiß der Gletscher.

Dazwischen schlängelt sich ein Weg,

nicht mehr als ein Pfad,

übersät mit Steinen und Brocken,

bis er sich scheinbar verliert im Nirgendwo . . .

Nur der nächste Schritt zählt, bis sich die Hütte zeigt. -

Doch auch sie ist nicht das Ziel! - Ziel? Zweck?

Wenn sich die Füße ihren Weg suchen

und sich tastend Schritt für Schritt nach vorne setzen,

scheint die Zeit nicht zu vergehen,

dehnen sich Stunden endlos aus.

Wenn aber der Blick den Ausgangspunkt sucht,

verliert sich der Weg in der Weite der Natur,

ist die Zeit einfach stehen geblieben,

verschmelzen die Stunden im Jetzt.

Du bist mitten drin, eingespannt zwischen Zeit und Ewigkeit. -

Nur der Augenblick entscheidet . . .

macht hellhörig für den Klang der Seele.

Durch die Stille und Unberührtheit der Natur

zieht sich ein Pfad.

Er führt nicht nur von Ort zu Ort, von Tal zu Tal,

über Gipfel und Hügel.

Er bahnt sich den Weg

in die innere Berührung mit uns selbst.

Und das Rauschen der Bäche

Leben ist Leben dort,

wo Seele, Körper und Geist in Einklang kommen.

Schritt für Schritt entsteht aus der schier endlosen Folge des Gehens nicht nur ein Weg,

sondern der Rhythmus des Herzens, der den ganzen Menschen erfasst:

Friede breitet sich aus und Gleichmut,

Freude und Dankbarkeit reichen einander die Hand.

Und ein Lächeln wird zum Gebet . . .

Stellt sich nun also die klassische Frage: Was will uns der Autor damit sagen? Und wie alle Autoren tut sich auch Gottfried Maria Graaff mit der Selbstauskunft ein wenig schwer: "Das ist immer so eine Sache mit Gedichten. Sie agieren ja immer auf mehr als nur einer Ebene und eröffnen immer mehr als nur eine Dimension und einen Horizont."

Auf freundliches Nachfragen rafft Graaff sich dann aber doch zu einigen Erläuterungen auf: "Es ist zunächst mal ein echter Weg. Ganz normal, wie das Leben. Klar, denn Leben ist unübersichtlich und auch mühsam. Aber mitten im Leben stellt sich immer irgendwann die Frage nach dem Ziel und dem Zweck." Und dann erläutert er den Titel: "Das Außen der grandiosen Natur mit ihren verschlungenen und unübersichtlichen Pfaden zieht uns hinein in die Kostbarkeit des nächsten Schrittes, hebt im Augenblick des Jetzt das Außen auf und öffnet den Weg in die Innerlichkeit: Bringt das Ich in Berührung mit dem Selbst der Seele."

Bleibt der Dreh zum heutigen Fest - wozu ja speziell die letzte Zeile einlädt. Dazu merkt Gottfried Maria Graaff an: "Die ganze Wirklichkeit ist durchwoben und gehalten von der Gegenwart Gottes, ja von ihr erfüllt. Gott bringt sich in mir und durch mich zur Welt - wie in Maria, der Christusgebärerin. Die logische Konsequenz: Marias leibliche Aufnahme in den Himmel. Das ist die Vollendung des Menschseins, der neue Himmel und die neue Erde in verklärter Leiblichkeit. Maria ist für uns ein Zeichen der Hoffnung - als Schwester, Mutter und Weggefährtin."

(emo)
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