Heinsberg Räume vermitteln, wie sich Nationen inszenieren

Heinsberg · Fotografien der Berliner Künstlerin Anja Nitz zeigt der Kunstverein Region Heinsberg in seiner aktuellen Schau.

 Dass die in Hamburg geborene Künstlerin Anja Nitz neben Kunst auch Geschichte studiert hat, zeigt ihre Auseinandersetzung mit menschenleeren Innenräumen, deren Gestaltung und Dekoration dennoch viel über Menschen und Geisteshaltungen vermittelt.

Dass die in Hamburg geborene Künstlerin Anja Nitz neben Kunst auch Geschichte studiert hat, zeigt ihre Auseinandersetzung mit menschenleeren Innenräumen, deren Gestaltung und Dekoration dennoch viel über Menschen und Geisteshaltungen vermittelt.

Foto: Resch-Rüffer

Mit den Arbeiten der Serie "Inszenation" präsentiert der Kunstverein Heinsberg im Horster Hof derzeit Fotografien von Anja Nitz, die Bilder aus Botschaften, Landesvertretungen und den Vereinten Nationen in Berlin, London und New York zeigen. Die Künstlerin setzt sich in ihren Bildern mit Institutionen von gesellschaftlicher Relevanz, mit Botschaftsgebäuden und Landesvertretungen auseinander. Ihre Aufnahmen dokumentieren historisch oder kulturell bedingte Werteverschiebungen.

Als Titel für ihre Ausstellung hat sie "ex situ" gewählt, was "aus dem originalen Zusammenhang heraus" bedeutet. Ihr Interesse an diesem Projekt galt von Anfang an der Frage, was man macht, wenn man sehr viel Expertise und Mittel zur Verfügung hat, um in einem Raum eine Nation zu inszenieren oder zu verkörpern. Beim Betreten des Raumes soll sofort klar sein, dass man sich sozusagen bereits im Ausland befindet. Für die Ausstellung ist es in doppelter Weise "ex situ", weil die Räume in Berlin, London und New York in den Ausstellungsraum und damit in einen anderen Kontext transportiert werden.

Nitz arbeitet gern in Serien, etwa aus dem Klinikum Charité, einem Atomkraftwerk oder jetzt mit Botschaftsgebäuden. "Beim Betrachten ihrer Serien stellt man fest, dass in keiner einzigen Arbeit das Abbild eines Menschen vorkommt", bemerkt die Vorsitzende des Kunstvereins Heinsberg, Ingrid Trantenroth-Scholz, in ihrer Eröffnungsrede. "Wenn man sich jedoch die Arbeit ansieht, spürt man überall die Hand und den Geist des Menschen."

Die Herangehensweise der Künstlerin für diese Serie ist zunächst die Fragestellung. "Für mich ist es eine Sammlung von Räumen, die ich zu dieser Thematik befrage, die mich interessiert," erklärt Anja Nitz. "Was heißt Nation, was heißt das heute, was hieß es in den 50er Jahren, wie hat es sich verändert, wie wird damit umgegangen? Ich sammle die Räume und Aufnahmen, um Antworten zu finden."

Ansonsten kann die Art und Weise der Gestaltung einer Botschaft nicht als Repräsentation einer ganzen Gesellschaft gesehen werden, denn es wird nicht im demokratischen Prozess entschieden, was dort steht und hängt, sondern eher von einer Person oder Personengruppe. Jedoch wird in jedem Land unterschiedlich entschieden, in welcher Weise eine Botschaft ausgestattet ist.

Auch wenn diese Räume öffentlich repräsentativ gedacht sind, sind es keine öffentlichen Räume. Sie sind normalerweise zugänglich für Diplomaten und geladene Gäste. Entsprechend möchte man diplomatischen Standards entsprechen, die miteinbezogen werden. In der deutschen Botschaft in London beispielsweise versuchte man sehr, dem Gastland zu entsprechen. Die Ausstattung dieser Residenz zeigt viel Marmor und außergewöhnlichen Blumenschmuck.

In der russischen Botschaft hängen noch Leuchter mit Messingadlern, die aus der Hitler'schen Reichskanzlei ausgebaut wurden und dann spiegelverkehrt und auf den Kopf gedreht in die Leuchter verarbeitet wurden, als Symbol der Siegermacht. "Das sind Dinge, die eine Überzeugung dahinter offenlegen," bemerkt die Künstlerin. Nitz stellt bei ihrer Arbeit fest, dass es sehr viel Artifizielles in diesem Zusammenhang gibt. Das betrifft die Identifikation mit Normen, Werten, Farben, Flaggen, Symbolen.

Elf Orte hat Nitz besucht in Berlin, London und New York. "Man könnte das natürlich fortführen in allen Ländern und allen Nationen, ein Leben lang. Es ist etwas, das nie aufhört," resümiert sie ihre Arbeit für dieses Projekt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Juli sonntags, 11 bis 17 Uhr, und samstags, 15 bis 18 Uhr, zu besichtigen sowie nach Vereinbarung unter Telefon 02452 65598.

(RP)
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