Fußball Der Kreisliga-Fußball und das liebe Geld

Kreis Heinsberg · Zumindest in der A-Liga wird im Kreis Heinsberg gezahlt - da waren sich die Vereinsvertreter bei der Umfrage unserer Redaktion einig.

Der Rüffel kam quasi von höchster Stelle: "Können es sich unsere Vereine wirklich noch leisten, in der Kreisliga Spieler zu bezahlen?" Das hatte vergangenes Jahr auf dem Kreistag des Fußballkreises Heinsberg der wiedergewählte Vorsitzende Eduard Meinzer in seiner bemerkenswert kritisch-nachdenklichen "Regierungserklärung" eher rhetorisch gefragt. Was er auf Nachfrage nun präzisierte: "Ich komme ja viel auf den Fußballplätzen im Kreis rum. Da hört man in dieser Richtung schon so einiges - zumindest, was die Kreisliga A betrifft."

Im Kreisoberhaus ist auch der SV Kuckum beheimatet, spielt dort im oberen Drittel mit. "Wir bezahlen keine einzelnen Spieler", versichert Vorsitzender Thomas Portz. Ganz ohne Kohle gehe es jedoch auch bei den Niersquelle-Kickern nicht, räumt er ein. "Wir bezahlen lediglich ein kleines Trainingsgeld - das haben wir immer schon so gehandhabt. Wer also immer zum Training kommt, hat am Ende des Monats ein paar Euro zusammen." Dazu gebe es am Saisonende nachträglich eine Punkteprämie ("jedoch nur für Siege, nicht für Remis"), die von der Platzierung abhänge. "Haben wir auf Platz eins oder zwei abgeschlossen, ist die höher als für Platz zehn. Und sollten wir absteigen, gibt's gar nichts", erläutert er. Die meisten der Spieler würden diesen Betrag als kleine "Anschubfinanzierung" für die folgende Malle-Mannschaftstour betrachten. "Auf alle Fälle ist das bei uns sehr transparent. Reich werden kann bei uns keiner. Die Kameradschaft ist dafür sehr groß."

Auch wegen des Aschenplatzes sei es aber sicher nicht leicht, unter diesen Voraussetzungen gute Spieler zu gewinnen, sagt Portz und nennt ein krasses Beispiel: "Ich habe mal einen Spieler kontaktiert, der soeben mit seinem Verein aus der A-Liga abgestiegen war. Er war Student, wäre prinzipiell sehr gerne zu uns gekommen. Doch dann eröffnete er mir, dass sein Verein ihm nun 500 Euro monatlich biete - in der B-Liga." Portz' Reaktion: "Da meinte ich zu ihm: Bleib da, dafür habe ich vollstes Verständnis."

Neben der Kameradschaft könne Kuckum aber noch mit einem anderen Pfund bei der Spielerrekrutierung wuchern - und das ist sehr handfest: Jobs. "Wir im Vorstand kennen viele, sind gut vernetzt - auch mit potenziellen Arbeitgebern." Etwa zehn Arbeitsplätze habe der SV in den vergangenen zehn Jahren vermitteln können, sagt Portz - als Gegenleistung seien diese Spieler zum SV gekommen.

Etwas tiefer in der A-Liga ist der SV Brachelen angesiedelt. Ähnlich wie Kuckum entlohnt laut Vorsitzendem Stephan Matzerath auch der SVB - abgesehen von ein bisschen Fahrgeld für die auswärtigen Akteure - seine Spieler erst am Ende der Saison mit einer Art kleinen Jahresleistungsprämie. "Da fließen eben nicht nur die erreichten Punkte mit ein, sondern auch die Zahl der Einsätze." Dafür gebe es einen klaren Schlüssel.

"Völlig ohne Zuwendungen für die Spieler geht's in der A-Liga leider nicht - das ist die Realität", unterstreicht Matzerath. Dass auch sein Verein da nur sehr begrenzte Möglichkeiten habe, erfahre er immer wieder. Matzerath nennt dafür ein Beispiel: "Ich hatte mal ein Gespräch mit einem potenziellen Zugang, der sagte: ,Für 300 Euro im Monat ziehe ich mir sofort die Schuhe für euch an.' Ich entgegnete: ,Läufst du denn auch achtmal so viel wie die anderen?' Da war das Gespräch schnell beendet."

Auch individuelle Prämien seien gang und gebe - positionsbezogen. "Gute Torhüter und richtige Torjäger sind rar gesät. Um die ist der Wettbewerb daher am härtesten", erklärt Matzerath. Stürmer würden daher auch gerne mit einer persönlichen Torprämie angelockt: Pro Meisterschaftstor gibt's Betrag X.

Immerhin glaubt Brachelens Vorsitzender, dass in den B-Ligen grundsätzlich nicht viel gezahlt werde. "Natürlich abgesehen von Ausnahmen." Und einen Aufstieg aus der C-Liga hält er definitiv ohne Einsatz von Geld für möglich: "Dafür braucht man doch keine großen Fußballer, sondern nur eine halbwegs fitte Mannschaft. Dafür sind wir doch der beste Beweis: Genau auf diese Art ist unsere Reserve in die B-Liga aufgestiegen."

Tim Banerjee, 2. Vorsitzender des C-Ligisten VfR Granterath, sieht das ein wenig anders: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass man auch für einen Aufstieg in die B-Liga Geld in die Hand nehmen muss - ansonsten wird's sehr schwer."

Dem widerspricht energisch Jörg Thiede, Vorsitzender des SV Immerath. Der C-Ligist schickt sich gerade an, die Rückkehr in die B-Liga zu schaffen - ohne Geld. "Bei uns bekommen die Spieler wirklich nichts. Die müssen sogar noch 20 Euro pro Nase für ihr persönliches Trikot dazugeben." Für den Aufstieg habe der Verein dagegen eine Prämie für die Mannschaftskasse ausgelobt: "2000 Euro - daraus machen wir kein Geheimnis", betont der kernige Vorsitzende und erzählt vom letzten Aufstieg in die B-Liga: "Danach gaben sich hier wirklich Spieler die Klinke in die Hand, fragten, was wir denn zahlen würden, wenn sie zu uns kommen. Das war oft deren erste Frage. Danach waren diese Gespräche sofort zu Ende."

Ähnliche Erfahrungen hat Michael Brom, Trainer des B-Ligisten SC 09 Erkelenz, gemacht: "Acht Gespräche mit potenziell sehr interessierten Kandidaten waren beendet, als das Thema auf Geld kam", berichtete er am Rande der letztjährigen offiziellen Saisoneröffnung des Sportclubs.

Quasi an der Schnittstelle zwischen A- und B-Liga ist B-Ligist SV Holzweiler beheimatet. "Einen Aufstieg ins Kreisoberhaus kann man noch ohne Geld schaffen. Danach wird's dort aber schwierig", bekennt Holzweilers Vorsitzender Armin Jansen und sagt, was ihn grundsätzlich stört: "Viele Spieler akzeptieren nicht, dass sie den jährlichen Vereinsbeitrag von 48 Euro entrichten sollen. 20 Euro monatlich für die Muckibude nehmen sie klaglos hin. Beim Fußball kommen sie aber gerne mit dem Argument, dass sie doch ihre Knochen für den Verein hinhalten und daher nicht den Vereinsbeitrag zahlen müssten. Dabei ist es genau umgekehrt: Der Verein hält seine Knochen dafür hin, dass die Spieler ihrem Hobby nachgehen können."

Immerhin verschlinge der Spielbetrieb für Erste und Zweite Mannschaft allein an Fixkosten rund 15.000 Euro pro Jahr. "Unter anderem auch dafür werden Mitgliedsbeiträge eingesetzt", erläutert Jansen - und bringt die häufige Wechselei etlicher Spieler süffisant so auf den Punkt: "Bei denen hat ein Spielerpass mehr Einträge als bei manch anderem der Reisepass."

(emo)
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