Fußball Pechvogel hier - "ungarische Demokratie" dort

Wegberg · Mittelrheinliga: Beeck spielt am Sonntag in Wesseling - und feiert so nach drei Jahren ein Wiedersehen mit Trainer-Unikum Jupp Farkas.

Fußball: Pechvogel hier - "ungarische Demokratie" dort
Foto: Spvg.

Im April 2014 hatte Marius Müller erstmals beim FC Wegberg-Beeck angeheuert - nach langer Verletzung und neun Monaten ohne Verein. Zuvor stand der heute 23-Jährige für ein Jahr bei der U 23 Borussia Mönchengladbachs unter Vertrag. In Beeck setzte sich das Pech für den vielseitig einsetzbaren Spieler aber nahtlos fort: Er war mehr verletzt als spielfähig. Als Müller im Sommer 2015 zum 1. FC Mönchengladbach wechselte, hatte er in seinen 15 Beecker Monaten keine tiefen Spuren hinterlassen - wirklich beurteilen konnte man ihn mangels Spielen nicht so recht.

Ein halbes Jahr später, im Januar 2016, stand Müller in Beeck überraschend aber wieder auf der Matte. "Marius wollte unbedingt zu uns zurück - da haben wir ihn genommen", erläutert Coach Friedel Henßen trocken. Was sich zunehmend auszahlen sollte: Etwa ab April gehörte Müller, nun endlich mal über einen längeren Zeitraum verletzungsfrei, zum Regionalliga-Stamm, machte ordentliche bis gute Spiele.

 Marius Müller (l.) ist und bleibt Beecks großer Pechvogel: erst lange verletzt, etwa seit April ein vollwertiger Spieler, vergangenen Sonntag im Topspiel gegen Alfter gar einer der Matchwinner - und am Dienstag nun ein schwerer Bluterguss beim Training. Bei Wesseling-Urfeld ist dagegen nach wie vor der Trainer der Star: Unikum Jupp Farkas.

Marius Müller (l.) ist und bleibt Beecks großer Pechvogel: erst lange verletzt, etwa seit April ein vollwertiger Spieler, vergangenen Sonntag im Topspiel gegen Alfter gar einer der Matchwinner - und am Dienstag nun ein schwerer Bluterguss beim Training. Bei Wesseling-Urfeld ist dagegen nach wie vor der Trainer der Star: Unikum Jupp Farkas.

Foto: JL (Archiv)/SPVG. Wesseling

Was er in der aktuellen Saison fortsetzte - erst links in der Kette, dann links im Mittelfeld und vergangenen Sonntag, beim 3:1 im Topspiel gegen den VfL Alfter, als Stoßstürmer für den formschwachen Sahin Dagistan. Müller machte ein starkes Spiel, bereitete zur Krönung das wichtige 1:0 vor und erzielte das 3:1 auf spektakuläre Weise selbst. "Ich bin in Beeck aber schon länger richtig angekommen - seitdem ich eben regelmäßig spiele", sagt Müller selbst.

Alles nun im Lot also? Leider nein. Denn beim Dienstagtraining zog sich Müller einen schweren Bluterguss zu, wird daher wohl am Sonntag ausfallen. Dann spielen die Kleeblätter bei der Spvg. Wesseling/Urfeld (Achtung: Anstoß 14.45 Uhr). So ganz hat Henßen die Hoffnung auf Müllers Einsatz aber noch nicht aufgegeben: "Die Chancen auf seinen Einsatz stehen 30:70."

100-prozentig weiß Henßen dafür schon, was auf seine Jungs übermorgen zukommt: "Wesseling wird keinem Zweikampf aus dem Weg gehen. Diese Spielweise müssen wir annehmen. Wenn wir richtig gegenhalten, werden wir gewinnen. Denn fußballerisch sind wir besser." Und dann betont Henßen noch etwas: "Wir müssen kühlen Kopf bewahren, wenn es mal hektisch wird."

Worte, die speziell auf seinen Wesselinger Kollegen gemünzt sind. Die Spvg. coacht bereits seit 2004 Jupp Farkas - das Unikum macht an der Seitenlinie erfahrungsgemäß gerne mal ein bisschen Theater. "Ich bin aber wesentlich ruhiger geworden. Ich beleidige niemanden mehr, und ich muss auch keine Strafen mehr zahlen", versichert der Mister Spvg. Wesseling/Urfeld.

Dennoch formuliert Farkas eine Kampfansage: "Wir wollen Beeck mal weghauen, spielen definitiv nicht auf Remis. Wir sind eine gute, kräftige Truppe, die keine Angst hat und mit einer fairen Härte spielt. Außerdem sind wir wie Beeck sehr heimstark."

In der Tat: Beeck und Wesseling führen die aktuelle Heimtabelle mit je 16 Punkten an - fünf Siege und ein Remis. Auswärts dagegen holte die Spvg. bis vergangenen Sonntag gar nichts. Dann gab's einen angesichts der Umstände denkwürdigen 3:2-Sieg in Friesdorf. Denkwürdig deswegen, weil das Team laut Trainer am Samstag bis um 2 Uhr in der Nacht kräftig die Hochzeit von Spieler Onur Dogan feierte. Farkas: "Friesdorf wollte das Spiel nicht verlegen, wir wollten aber auch alle auf die Hochzeit. In der letzten halben Stunde des Spiels ging dann bei uns nicht mehr viel, doch gottlob haben wir den Sieg über die Zeit gebracht. Anderenfalls hätte mich mein Vorstand wohl kastriert."

Mit eigenwilligen Bestrafungsmaßnahmen kennt sich aber auch Farkas selbst bestens aus. So hatte er vor einigen Jahren aus Verärgerung über ein schwaches Spiel seine Jungs beim folgenden Training unter einem Vorwand in der Wesselinger Peripherie "ausgesetzt" - die Jungs mussten dann ohne Geld und Handy schauen, wie sie zum Trainingsplatz zurückfanden. Farkas: "Das war eine prima Teambuildingmaßnahme."

Vergangenen Monat, nach dem 1:4 in Freialdenhoven, hatte er fürs folgende Training eine neue Idee. Da ließ er seine Schützlinge im Wesselinger Hallenbad gegen ein Altherren-Wasserballteam antreten. "Als meine Jungs die überwiegend dickbäuchigen Gegner sahen, dachten die zunächst, die würden die mal so auf die Schnelle weghauen. Was die nicht wussten, aber ich: Im Wasserball geht's unter dem Wasser richtig unfair zu." Farkas sollte recht behalten: "Nach zehn Minuten wollten meine Jungs nicht mehr, klagten, dass ihnen andauernd in die Eier gekniffen würde." Die unkonventionelle Maßnahme habe aber gefruchtet: "Danach haben wir drei von vier Spielen gewonnen."

Seinen Führungsstil bringt Farkas launig so auf den Punkt: "Die Spieler können gerne untereinander über irgendwas abstimmen - am Ende bestimme aber ich. Das ist für mich ungarische Demokratie", bekräftigt er lachend - Farkas, zwar in Wesseling auch schon aufgewachsen, hat ungarisches Blut in seinen Adern. Keine Frage, Farkas polarisiert häufig und gern - sowohl mit Sprüchen als auch mit Aktionen. Während die einen darüber schmunzeln, schütteln andere fassungslos den Kopf. Das wirklich Wesentliche darf darüber aber nicht vergessen werden: Farkas ist ein ausgewiesener Fachmann. Wer einen Verein mit so geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten wie die Spvg. über einen so langen Zeitraum in der höchsten Amateurklasse hält (Ausnahme die Zeit von 2013 bis 2015 in der Landesliga), der kann wahrlich nicht viel verkehrt machen.

(emo)
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