Fußball Vom Fußballplatz auf den Laufsteg

Köln · Bis zu seinem 23. Lebensjahr verdiente der gebürtige Erkelenzer Florian Schacken (30) sein Geld mit Fußballspielen. Danach begann seine zweite Karriere: Seit Sommer 2009 ist er ein gefragtes (und gut bezahltes) Model, ist dafür etwa die Hälfte des Jahres unterwegs. Köln ist schon lange seine Heimat. In einem dortigen Studentencafé traf sich die RP mit ihm.

 Macht als Fußballer und Model eine gute Figur: Florian Schacken

Macht als Fußballer und Model eine gute Figur: Florian Schacken

Foto: SCHACKEN

Von Glamour keine Spur. Wer denkt, dass ein Model auch privat immer in schicken und stylishen Klamotten rumläuft, den belehrt Florian Schacken eines Besseren. Zum verabredeten Frühstück in einem Studentencafé auf der Zülpicher Straße in Köln-Sülz erscheint der frischgebackene 30-Jährige leger im Holzfällerhemd - absolut pünktlich. "Ich wohne um die Ecke, daher habe ich dieses Café vorgeschlagen", merkt der "Beckham von Köln" (so hat ihn der Kölner Boulevard mal getauft) zur Begrüßung an.

Vor sechseinhalb Jahren, im Sommer 2009, hat Schacken vom Kicker auf Model umgesattelt. "Das kam eher zufällig. Denn eigentlich wollte ich nur einen Kumpel zu einem Fotoshooting nach Düsseldorf begleiten. Der Fotograf hat dann allerdings in mir das größere Potenzial gesehen." Der Fotograf war Steffen Möller, mittlerweile in Stuttgart ansässig. "Ihm bin ich sehr dankbar. Ohne ihn würde ich nicht dastehen, wo ich jetzt stehe", sagt Schacken.

Gelegenheit, Möller vor Ort zu besuchen, hat Schacken häufiger. Denn einer seiner ständigen Auftraggeber ist die Firma Hugo Boss, die ihren Hauptsitz im nicht so weit von Stuttgart entfernten Metzingen (Kreis Reutlingen) hat. "Da bin ich etwa drei Monate im Jahr für Shootings", erzählt Schacken. Aber auch für viele weitere bekannte Firmen und Labels modelt er, steht auf dem Laufsteg oder dreht Werbeclips - so für Kaufhof, Calvin Klein, Peek & Cloppenburg, Opel oder Nike. "Rund die Hälfte des Jahres bin ich unterwegs."

Da kommt der gebürtige Erkelenzer zwangsläufig ordentlich rum - nicht nur in Europa. "Ich war für Shootings auch schon in New York, Miami und Mexiko." Häufiger sei er zudem in München. Aber auch für Aufnahmen in Düsseldorf oder Köln werde er gebucht. "Das hat den Vorteil, dass ich dann abends nach Hause fahren kann."

Nach Hause - das ist für ihn schon seit vielen Jahren Köln. "Hier fühle ich mich einfach wohl", bekräftigt er. In Köln hat er auch schon zum Ende seiner Zeit als professioneller Fußballspieler gewohnt. Auch wenn Schacken als Regionalligaspieler natürlich nicht die offizielle Profi-Lizenz hatte, so hat er mit Fußball aber doch seinen Lebensunterhalt verdient - bis er im Sommer 2009 plötzlich ohne Vertrag dastand.

Dabei war es noch in der Hinrunde der Saison 2007/2008 in der U 23 Eintracht Frankfurts sehr gut für den vielseitig einsetzbaren Abwehrmann gelaufen. Unter Trainer und Ex-Profi Petar Houbtchev war Schacken gesetzt, hatte einen Stammplatz. Im Winter wechselte die Eintracht trotz Platz vier aber überraschend den Trainer: Frank Leicht kam für Houbtchev. Für Schacken, der in der Winterpause einen kleineren Eingriff am lädierten Knie vornehmen ließ, bedeutete das einen Karriereknick: Leicht baute nicht auf ihn.

"Im Grunde habe ich dann ein ganzes Jahr verloren", sagt der Erkelenzer rückblickend. Pech für ihn, dass im Sommer 2008 ein geplanter Wechsel zu Austria Kärnten noch platzte. Ende 2008 baute er seine Zelte bei der Eintracht vorzeitig ab und heuerte für die Rückrunde in der U 23 Bayer Leverkusens an. Für 04 hatte er ja schon viele Jahre in der Jugend gespielt - so wie die fast gleichaltrigen heutigen Stars Gonzalo Castro und René Adler auch.

Die Vorbereitung im neuen und doch alten Klub ließ sich für Schacken auch prächtig an. Zur Krönung kam er in einem Testspiel der Lizenzspielermannschaft gegen den KFC Uerdingen zum Einsatz - und erzielte mit allerhöchstem Einsatz sogar ein Tor. "Diese Aktion hat mir eine offene Kniescheibe eingebracht", erinnert sich Schacken. Der damalige Bayer-Cheftrainer Bruno Labbadia habe ihn noch in der Kabine, als er auf der Trage lag, für seinen bemerkenswerten Einsatz mit diesen Worten gelobt: "Junge, dieses Tor wolltest du aber wirklich machen."

Doch wenige Tage später kam der entscheidende Rückschlag: Im Training wurde Schacken verletzt. "Ich war vorher super drauf. Vier, fünf Wochen musste ich dann pausieren. Danach bin ich nicht mehr so richtig aus dem Quark gekommen." Rasch zeichnete sich dann ab, dass sein nur bis Sommer laufender Vertrag nicht verlängert werden würde. "Zumal ich ja dann aus der U 23-Regelung rausfiel."

Folge: Schacken stand im Sommer 2009 plötzlich ohne Verein da - der Startschuss für seine zweite Karriere. "Die schloss sich wirklich nahtlos an. Nach rund sechs Wochen in dem Metier war für mich klar, dass ich das ab sofort hauptberuflich machen wollte. Die Bezahlung ist ja auch mehr als anständig, auch wenn ich sicherlich kein Multimillionär bin", sagt Schacken.

Noch während seines Halbjahrs in Leverkusen hatte er übrigens erstmals gemodelt - dank privater Kontakte war er zu einem Shooting in München eingeladen worden. "Ulf Kirsten, meinen Trainer in der U 23, musste ich dafür um Erlaubnis und einen freien Tag bitten. Der hat zugestimmt, nachdem ich ihm gesagt habe, was ich dafür bekomme", erzählt Schacken schmunzelnd.

Um fortan einige Frotzeleien der Kollegen ertragen zu müssen: "Das Shooting war für Galeria Kaufhof. Die dabei entstandenen Poster hat unser Zeugwart dann überall in der Kabine aufgehängt." Was Schacken eben entsprechende Kommentare einbrachte - so von Mitspieler Markus Happe: "Wenn ich im Training bei einem Zweikampf mal nicht richtig durchgezogen habe, rief der gerne: ,Bist'e jetzt ein Model, oder was?!'" Was er damals noch aufrichtig verneinen konnte: "Ich dachte wirklich, das in München wäre eine einmalige Aktion gewesen." War sie aber nicht - im Gegenteil.

Wie er denn seine erste Karriere abschließend beurteile? "Ganz klar: Fußball war bis 2009 mein Leben, dafür habe ich alles getan. Und wäre ich so gut wie Messi gewesen, dann hätte ich es auch sicherlich geschafft." Doch keineswegs wolle er klagen: "Ich bin schließlich sehr weich gefallen."

Einen fundamentalen Unterschied zu seiner ersten Karriere gebe es aber schon: "Als Fußballer bekommt man vom Verein sehr vieles abgenommen, damit man sich ganz auf Fußball konzentrieren kann." Nur Fußball sei für ihn aber zu wenig gewesen: "Ich brauchte auch was für den Kopf. Daher habe ich das Fernstudium Fußball-Management aufgenommen und auch abgeschlossen." In seiner zweiten Karriere nun sei er trotz seines stetig wachsenden persönlichen Netzwerks in erster Linie auf sich selbst angewiesen: "Da muss ich viel selbst in die Hand nehmen und planen. Das ist schon ein krasser Gegensatz zu meiner Zeit als Fußballer."

Bleibt die Frage, ob er für sich das Kapitel Fußball - wohlgemerkt auf nichtprofessioneller Ebene - denn bereits für immer abgeschlossen habe. "Ich bekomme immer wieder mal Anfragen - auch von Vereinen aus der Heimat", sagt Schacken und räumt ein, dass es "manchmal schon noch richtig kribbelt". Aus zeitlichen Gründen könne er aber nicht mehr ernsthaft kicken: "Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig - und das geht im Fußball eben nicht mehr."

Was aber gelegentliche Kicks aus reinem Spaß nicht ausschließt. So hat Schacken vergangenes Jahr bei der Doverener Dorfmeisterschaft mitgespielt. "Ich habe durch meine Mutter sehr enge verwandtschaftliche Beziehungen nach Doveren", erläutert er. Bei der dortigen Viktoria kicken auch seine beiden Cousins Felix und Lukas Grauke. "Mit denen und einigen weiteren haben wir das Family-Team gebildet - und das Turnier dann auch gewonnen."

(emo)
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