Wassenberg Treffpunkt Dorflädchen

Wassenberg · Der Supermarkt ist tot, es lebe das Dorflädchen. In Birgelen erlebt der gute alte Tante-Emma-Laden dank des Einsatzes engagierter Bürger eine Wiedergeburt. Das Motto „Der Tradition verpflichtet“ kommt bei den Kunden an.

„Birgelener Dorflädchen – Der Tradition verpflichtet“ prangt unübersehbar für den Besucher in dicken Lettern über der kleinen Obst/Gemüse-Theke des Geschäftes am Birgelener Markt. Alte Fotografien entführen den Kunden in die Anfänge des Ladens, der alten Einheimischen noch als Lebensmittel Meuser bekannt ist.

Vor der Kasse von Agnes Frenken stehen an diesem Morgen Kunden Schlange. Über mangelnden Zuspruch braucht sich der Anfang Juni in den Räumen des früheren Rewe-Märktchens eröffnete neue Laden nicht zu beklagen. Und Anges Frenken ist glücklich darüber. Sie führte den kleinen Rewe-Supermarkt 16 Jahre lang bis Mai, heute arbeitet sie als Renterin drei Vormittage in der Woche weiter im Geschäft – aus alter Treue. Vor einigen Monaten sah es noch düster aus, erzählte sie. Mit 64 dachte sie ans Aufhören, eine Nachfolge war nicht in Sicht. Dem Rewe-Konzern war der Laden zu klein, um ihn weiterzuführen. Das Ende des Traditionsgeschäfts schien gekommen.

„Das durfte nicht sein“, sagt Ortsvorsteher Karl-Heinz Dohmen. „Ein Dorf ohne Lebensmittelgeschäft ist tot.“ Und Dohmen machte sich stark für den Fortbestand des Ladens. Bei Georg Hensges, Inhaber des Edeka-Supermarktes in Wassenberg, fand er offene Ohren und die nötige Portion Idealismus. Nicht unter dem Dach der Edeka, denen das 100-Quadratmeter-Ladenlokal ebenfalls zu klein ist, sondern in Eigenregie betreibt er nun das Geschäft, täglich frisch bestückt mit Waren aus seinem Wassenberger Supermarkt, die der junge Geschäftsführer Sebastian Krasemann allmorgendlich mit der dreirädrigen „Ede Car“ heran chauffiert.

„Nur drei Tage war der Markt zu, dann ging es schon als Dorflädchen weiter“, sagt Frau Frenken, die nach wie vor mit vielen Kunden ein Schwätzchen hält, so wie sich das gehört im Dorfladen. In Windeseile war der neutralen Supermarkt-Atmosphäre der Garaus gemacht. Mit Holzregalen präsentiert sich der Laden jetzt im neuen, dezent nostalgischen „Outfit“.

Das kommt an. Zum Beispiel bei Hede Thissen, früher wie heute Stammkundin. „Dass es den Laden gibt, ist gut für die Kommuniktation und das Dorfleben“, sagt sie. „Vor allem die Älteren brauchen Geschäfte in der Nähe“, weiß Ortsvorsteher Dohmen. Wobei längst nicht nur Senioren die bunt gemischte Kundschaft bilden. Kurze Wege, freundliche Bedienung, nette Gespräche im gut sortierten Lädchen – so bewerten die Kunden das Angebot – als Ergänzung zum Supermarkt. Dafür bezahlen sie gern auch etwas mehr.

Geschäftsmann Hensges ist klar, dass der Dorfladen nicht mit Gewinn zu betreiben sein wird. Doch will er die Tradition nach Kräften unterstützen. „Mit plus/minus Null hat der Laden eine Zukunft“, sagt er. Und momentan ist er sehr optimistisch, dass es klappt.

(RP)
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