Wegberg Wissen für Kinder in Slums

Wegberg · Lehrerin Bettina Zauner aus Klinkum reiste zum elften Mal zum Kinderhilfsprojekt Shishu Mandir nach Indien. In Bangalore gestaltet sie mit indischen Pädagogen die Lehrpläne für Vorschulkinder und Erstklässler.

Die vielen Fotos, die Lehrerin Bettina Zauner aus Indien mitgebracht hat, zeigen eindrucksvoll die Unterschiede zwischen deutscher und indischer Lebensweise. Im Innenhof des älteren Schulgebäudes des Kinderhilfsprojektes "Shishu Mandir" sitzen die Schüler hintereinander, um den Schulleiter Anand und die Gründerin Hella Mundhra gruppiert, zur regelmäßigen morgendlichen Versammlung auf Matten auf dem Boden. Andere Bilder zeigen sie vor ihrer verfallenen Hütte im Slum. Es gibt aber auch welche von neuen Häusern – ebenso ein Werk des Vereins in Zusammenarbeit mit von ihnen ausbildeten indischen Maurerinnen.

Enorme Defizite

Der Hausbau gehört neben dem Betrieb von Kinderheim, Schule und Ausbildungszentrum zu den vielfältigen Aufgaben in der südindischen Fünf-Millionen-Stadt Bangalore. "Vor elf Jahren haben eine deutsche Grundschullehrerin und ich begonnen, die Lehrpläne zu verbessern", beschreibt sie ihre Arbeitsweise. Seither fährt sie fast jedes Jahr hin. So sei die lautgetreue Aussprache der Buchstaben und aktuell eine Lese- und Schreibförderung eingeführt worden sowie das Klassenlehrersystem. "Wenn die Slumkinder in unsere Schule kommen, besitzen sie keinerlei Vorkenntnisse", sagt Bettina Zauner, die während ihrer mehrwöchigen Aufenthalte auch selber unterrichtet. "Sie haben keinen Kindergarten besucht, leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten, motorischer Unruhe und großen Wahrnehmungsproblemen." Diese Kinder der ärmsten Familien hätten bis dahin oft neben ihren Eltern ohne viel Bewegung im Steinbruch gehockt und wiesen enorme Defizite auf.

Mit Übungen zur Verbesserung der Feinmotorik und Sensibilisierung der Sinne würden die Lehrer Vorschüler und Schüler stärken, um dem Unterricht in Klassen mit maximal zehn Kindern – ab dem vierten Schuljahr mit 20 – gewachsenen zu sein. In diesen Klassen, die sich vom staatlichen Schulsystem mit 60 bis 90 Schülern pro Klasse und dem Schwerpunkt auf reinem Auswendiglernen unterschieden, sei angestrebt, beim Abschluss gut Englisch sprechen und fit am Computer arbeiten zu können. "Für die Arbeit mit den indischen Kindern, die aus schwierigen familiären Verhältnissen stammen, kann ich viel Wissen aus meinem deutschen Schulalltag mit schwer erziehbaren oder behinderten Kindern einbringen", sagt die gebürtige Kölnerin. Seit vier Jahren wohnt sie in Klinkum.

Die Hilfe, die sie und die anderen Pädagogen und Sozialarbeiter vor Ort den Kindern mit auf den Weg gäben, könne diesen niemand mehr nehmen. Nur mit einer guten Ausbildung könnten diese den Teufelskreis von Armut und Elend durchbrechen.

(RP)
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