Heinsberg/Wassenberg Zwei Angeklagte freiwillig im Aussteigerprogramm

Heinsberg/Wassenberg · Arzt und Aussteiger-Berater sagten gestern im Prozess zu den Übergriffen auf Asylbewerber in Wassenberg aus.

Im Prozess um die fremdenfeindlichen Übergriffe von fünf jungen Männern aus Wassenberg und Hückelhoven auf Asylbewerber am Wassenberger Busbahnhof wurde gestern ein Arzt des Heinsberger Krankenhauses befragt, der den am 27. Januar 2015 von Schlägen getroffenen Asylbewerber am Morgen nach der Notaufnahme - die durch einen Kollegen erfolgte - untersucht hatte. Der Arzt berichtete gestern von Schlageinwirkungen am Hinterkopf des Patienten, der über Schwindel, Übelkeit und kurze Bewusstlosigkeit geklagt hatte, was auf eine Gehirnerschütterung hingewiesen habe. Zu Beobachtung der Schädel-Hirnverletzungen sei der Asylbewerber stationär aufgenommen worden. Auch die Verletzungen an Ellenbogen, Händen und Knien seien untersucht worden. Der Arzt bestätigte Schwellungen eines Knies des Verletzten, der nur mit Gehstützen habe laufen können. Beim Röntgen seien jedoch keine Knochenverletzungen festgestellt worden. Über die Weiterbehandlung konnte der Arzt nichts sagen, nur dass der Patient - auf dessen Kopfverletzung man sich konzentriert haben - am 29. Januar laut Dokumentation "mobil" das Krankenhaus verlassen konnte. Bei seiner Befragung vor zwei Wochen hatte der Asylbewerber, der immer noch mit Beinschiene herumläuft, auf weitere Eingriffe am Knie hingewiesen. Davon war gestern keine Rede.

Ein Mitarbeiter des Aussteigerprogramms Rechtsextremismus, einer Präventionseinrichtung des Innenministerium NRW, berichtete über die Begleitung der Angeklagten Max W. und Kevin A., die seit Oktober bzw. Januar am Aussteigerprogramm teilnehmen. Beide hätten sich freiwillig gemeldet, eine Ausstiegserklärung unterzeichnet und eine alles in allem gute Entwicklung gezeigt. 17 Gespräche seien bereits mit W., acht mit A. geführt worden. Der Berater charakterisierte beide als anfangs fremdenfeindlich eingestellt, aber ohne dass ein geschlossen rechtes Weltbild von ideologischer Tiefe dahinterstehe. Schließlich hätten beide auch Kontakte zu Menschen mit Migrationshintergrund. Die Angeklagten seien auf einem guten Weg, hätten heute wieder in eine feste Tagestruktur. "Ich bin zuversichtlich, dass wir sie wieder in stabile Verhältnisse führen können." Die Bereitschaft dazu sei da - trotz eines Rückfalls von A., der im Februar bei der fremdenfeindlichen Demonstration in Erkelenz mitmachte. "Ja, das war ein Rückschritt. Kevin hat sein Fehlverhalten aber eingesehen", betonte die Berater. Solche Rückfälle kämen leider vor, das "Gruppenerlebnis" spiele dabei keine unwesentliche Rolle. Eine nachhaltige Lösung aus der Szene brauche drei bis vier Jahre.

(RP)
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