Tödlicher Unfall bei Langenfeld "Der Falschfahrer zog wie ein Blitz vorbei"

Düsseldorf/Hilden · Der flüchtende Autofahrer, der auf der A3 einen Unbeteiligten mit in den Tod gerissen hat, ist vermutlich betrunken gewesen. Augenblicke vor der Kollision kam ihm ein Wagen mit vier Personen entgegen. Der Fahrer konnte ausweichen.

Die vier Freunde sind bester Stimmung. Sie befinden sich auf der Heimfahrt nach Hilden von Köln, wo sie am Samstagabend eine Veranstaltung besucht haben. Um 1.05 Uhr sind sie kurz vor dem Rastplatz Ohligser Heide auf der Autobahn 3. Plötzlich sieht der Fahrer etwas vor ihm auf der linken Spur blinken. "Wir alle im Auto haben zunächst gedacht, dass es dort einen Unfall gegeben hat, dass vielleicht ein Fahrzeug liegengeblieben ist", sagt die 52-jährige Düsseldorferin Birgit Adams (Name und Alter geändert), die auf dem Rücksitz hinter der Beifahrerin sitzt. Doch dem ist nicht so, wie die vier Freunde schnell realisieren müssen. Ihnen kommt mit hoher Geschwindigkeit ein Auto entgegen, ohne Licht, aber mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Ein Falschfahrer.

"Mit einem Affenzahn"

"Alles ging rasend schnell. Er war nur noch etwa zwei, drei Meter vor uns, als unser Fahrer geistesgegenwärtig das Lenkrad etwas nach rechts zieht, die Spur wechselt und so die Kollision im letzten Moment verhindert", sagt Adams. "Der Geisterfahrer zog mit einem Affenzahn wie ein Blitz an uns vorbei." Sofort wählten sie mit dem Handy den Notruf. Dann sahen sie auf dem Seitenstreifen auch schon einen Polizeiwagen stehen, der mit einem blinkenden Hinweisschild die Autofahrer auf die Gefahr aufmerksam machte.

Für einen 29-jährigen Kölner kam das zu spät. Kurz nachdem die vier Freunde dem Falschfahrer ausgewichen waren, stieß dieser frontal mit dem Fahrzeug des Kölners zusammen. Der Falschfahrer, ein 47-Jähriger, und der junge Mann waren sofort tot. Die Autobahn wurde in beide Richtungen für mehrere Stunden gesperrt. "Wir sind, nachdem wir den Notruf gewählt haben, weitergefahren bis nach Hilden. Wir haben das Radio angehabt und auf die Meldung gewartet, dass die Gefahr vorüber sei", sagt Adams. "Wir haben uns an die Hoffnung geklammert, dass die Polizei es noch rechtzeitig schafft, den Fahrer zu stoppen", betont sie. "Als diese Nachricht nicht kam, machte sich allmählich die Gewissheit breit, dass jemand anderes wohl nicht so viel Glück hatte wie wir."

Wie sich herausstellte, war der Falschfahrer kurz vor dem tödlichen Zusammenstoß vor der Polizei geflohen - offenbar weil er keine gültige Fahrerlaubnis hatte und betrunken war, durchbrach er eine Polizeikontrolle. Bereits achtmal war er ohne Führerschein am Steuer erwischt worden. Auf der Autobahn versuchte er dann, die Streifenwagen, die ihn verfolgten, abzuhängen. Als die Polizei ihn nach zwei Kilometern überholte und sich vor seinen Wagen setzen wollte, schaltete der 47-Jährige das Licht an seinem Auto aus, bremste, wendete mitten auf der Autobahn und raste als Falschfahrer zurück in Richtung Köln. Die Polizei brach daraufhin die Verfolgung aus Sicherheitsgründen sofort ab. Die vier Freunde reagierten bestürzt, standen zum Teil unter Schock. Mit jeder Minute, die seit ihrer Beinahe-Kollision vergangen ist, werde ihnen bewusster, wie viel Glück sie eigentlich hatten.

"Noch nie so nah dran am Himmel"

"Wir sind noch mal um Haaresbreite davongekommen. Ich war noch nie so nah dran am Himmel", sagt Adams am Tag danach. Jeder ihrer Freunde gehe anders um mit dem Erlebten. Aus gemeinsamen Gesprächen versuchen sie, Kraft zu schöpfen, sich gegenseitig Halt zu geben. Ihnen macht es zu schaffen, dass jemand anderes dabei ums Leben gekommen ist. Und sie noch leben. Was wäre, wenn man nicht ausgewichen wäre?

Adams weiß, dass man sich diese und ähnliche Fragen eigentlich nicht stellen sollte. Dass sie einen nur noch mehr belasten. "Aber so eine Sache macht etwas mit einem. im Inneren", sagt sie. "Ich werde dadurch mein Leben überdenken und vieles aus einem anderen Blickwinkel sehen." Wirklich wütend auf den Falschfahrer ist sie jedoch nicht. Vielmehr fragt sie sich, warum jemand so etwas tut. Dass er in selbstmörderischer Absicht gehandelt hat, glaubt sie jedenfalls nicht. "Warum macht er dann das Warnblinklicht an", fragt sie sich.

Ihrem Lebensretter, ihrem Fahrer, ist sie unendlich dankbar. "Durch seine schnelle Reaktion hat er allen im Auto das Leben gerettet. Ich weiß nicht, wie ich jemals meine Dankbarkeit ausdrücken kann."

(csh)
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