Langenfeld Alt und Kölsch zum Verwechseln ähnlich

Langenfeld · Helmut Quack, Professor an der Hochschule Düsseldorf, führte Blindverkostungen mit je 50 Kölnern und Düsseldorfern durch. Ergebnis: Nur jeder zweite Proband erkannte "sein" Bier. Das ist nicht erst nach dem fünften Glas so.

Da wird mancher ambitionierte Altbierverehrer vor Schreck erst einmal einen Killepitsch bestellen: Alt und Kölsch sind nur schwer auseinander zu halten. Das hat der Wirtschaftsprofessor Helmut Quack von der Hochschule Düsseldorf herausgefunden. Er hat 50 Kölner und 50 Düsseldorfer, die sich als "echte" Kölner und Düsseldorfer bezeichnen (sie sind in "ihrer" Stadt geboren und leben seit mindestens 20 Jahren dort), Früh-Kölsch und Schlüssel-Alt trinken lassen. Mal ganz normal, mal mit verbundenen Augen. Ernüchterndes Ergebnis: Kölnern und Düsseldorfern schmeckte das Bier aus der jeweiligen Heimatstadt besser, wenn sie bei der Verkostung klar gucken konnten, in beiden Gruppen bevorzugten dann 78 Prozent das Bier aus der eigenen Stadt. Aber als die Augen verbunden waren, glitt der Trinkgenuss in den Blindflug ab. Dann wussten nur 54,4 Prozent der Kölner und 55,5 Prozent der Düsseldorfer, was sie da im Glas hatten.

Aha, ein Prozentpunkt besser, klarer Sieg für Düsseldorf, ließe sich sagen und eine Lokalrunde schmeißen. Aber der Herr Professor Quack ist eher der analytische Mineralwassertyp (ohne Kohlensäure), für ihn macht der Unterschied nicht viel her, er urteilt: "Die Ergebnisse sind eher Zufall und keineswegs auf dem Niveau einer souveränen Erkennung von Kölsch und Alt."

Kölner und Düsseldorfer sind also gleich schlecht oder, da bei den lebenslustigen Rheinländern das Glas ja eher halb voll ist, gleich gut. Wie kann das sein? Der Hauptgrund liegt darin, dass in beiden Städten obergärige Biere nach dem Reinheitsgebot (Wasser, Gerste/Malz, Hopfen und Hefe) gebraut werden. Sie sind also ziemlich ähnlich.

Warum hat Quack seinen Versuchspersonen nur das Früh-Kölsch und Schlüssel Alt vorgesetzt? Sie seien typische Kölsch-Alt-Repräsentanten, sagt er.

Kölsch und Alt unterscheiden sich hauptsächlich durch die Farbe (hell/dunkel), die durch die Verwendung der Malze ins Bier kommt. Hintergrund: Beim gut gebrauten Altbier werden dunklere Röstmalze verwendet (man könnte sogar Farbbier herstellen, dann fehlen aber die Aromen des Malzes). Und sie sind unterschiedlich bitter: Früh-Kölsch kommt auf 22 Bittereinheiten, Schlüssel auf 30. Ein Uerige mit 50 Bittereinheiten, die Quack in seinem Bericht nennt, hat der Professor bewusst nicht ausgeschenkt, da er erstens nicht zu viele Sorten auftischen wollte und auch nicht Bier-Sommeliers, sondern Otto Normaltrinker testen wollte.

Tatsächlich also ist beim Biertrinken die Wahrnehmung der Farbe wichtig. Die Menschen schreiben hellen Bier die Milde, dunklem das Würzige zu. Die persönlichen Erinnerungen und Erlebnisse spielen zudem eine große Rolle beim Werturteil. Für Quack unter dem Strich ein Beispiel für die Bedeutung von Marketing und Markenbildung.

Die Idee zum Test hatte der Professor schon lange. "Ich habe vor gut 15 Jahren eine Brauereiführung mitgemacht", erzählt der Hochschullehrer. Dabei habe ihn der Braumeister gefragt, ober er eigentlich wisse, dass Kölsch und Alt nahezu identisch seien. Das empfand Quack wie einen schrägen Thekenspruch um Mitternacht. "Das Thema hat mich dann aber gepackt", sagt er, "ich bin fast ein Fan geworden." Es folgten Blindverkostungen im Eigenversuch, bei dem ihm seine Frau die Biere servierte. Dann führte er sie mit Freunden und Bekannten durch. "Es sind fast alle auf die Nase gefallen."

Nun also die Weihen der Hochschule, mit penibler Versuchsanordnung. Es nahmen nur Männer im Alter von 35 bis 65 an den Tests teil - das trinkfreudigste Alter. Nur Männer, weil eben 80 Prozent Bier trinken, aber nur 40 Prozent der Frauen. Und bevor einer einen Kasten darauf wettet, dass 100 Probanden zu wenig waren für die existenzielle Frage Kölsch oder Alt: "Das reicht aus, weil es beim Test ja nur um den einen Unterschied ging."

Ob die Unterscheidungsschwäche unmittelbar am Alt-Kölsch-Äquator ähnlich starkt ausgeprägt ist wie in den Metropolen? Ein Versuch mit Langenfeldern und Monheimern könnte die Antwort liefern.

(ujr)
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