Langenfeld "Alte Post": Abriss empört Reusrather

Langenfeld · Auch ein lutherischer Gebetsraum mit seinen Altarnischen verschwand - zum Bedauern der Geschichtsforscher Annelies Rejek und Uwe Boelken.

 "Das Haus war nicht nur Gründungslokal fast aller Reusrather Ortsvereine, es war auch Ort der ersten reformatorischen Auseinandersetzungen in der Region.": Annelies Rejek ist entsetzt angesichts des Abrisses der "Alten Post".

"Das Haus war nicht nur Gründungslokal fast aller Reusrather Ortsvereine, es war auch Ort der ersten reformatorischen Auseinandersetzungen in der Region.": Annelies Rejek ist entsetzt angesichts des Abrisses der "Alten Post".

Foto: RALPH MATZERATH

Für viele Reusrather ist es sehr traurig, dass sie ihre alte Dorfkneipe verloren haben. Für die lokale Geschichtsforscherin Annelies Rejek ist es ein Skandal. Die Gaststätte "Alte Post" ist sang- und klanglos verschwunden, ohne dass offiziell Aufgebens darum gemacht worden wäre. Ein fast 400 Jahre altes Gebäude, das als eines der ersten auf dem Platz um die alte Barbara Kapelle gebaut wurde! "Das Haus und der Platz sind von großer kulturhistorischer Bedeutung", sagt Rejek. "Das Haus war nicht nur Gründungslokal fast aller Reusrather Ortsvereine, es war auch Ort der ersten reformatorischen Auseinandersetzungen in der Region."

Der Vorraum der Kneipe, berichtet die pensionierte Lehrerin, sei ehemals lutherischer Gebetsraum gewesen. "Nach 1624 wurde hier mit Unterbrechungen der lutherische Gottesdienst gefeiert, bis 1683 das Kirchhaus, das jetzige Küsterhaus, bezogen wurde." Jetzt kam der Abrissbagger - im Luther-Jahr 2017.

Beharrlich hatte Rejek zusammen mit dem Heimatforscher Uwe Boelken jeden Tag die Baustelle besucht und Fotos gemacht. Bis sie schließlich hinter der Wandvertäfelung zwei blaue Altarnischen mit Spitzdach fanden - Zeichen des uralten Gebetsraums, sehr schlicht ausgestattet, wie es bei den Lutheranern Sitte war. "Diese fast 400 Jahre alten Spuren sind nun vernichtet", bedauert Rejek. "Wir wussten, dass das Gebäude nicht unter Denkmalschutz gestellt werden konnte, weil zu viele Veränderungen vorgenommen worden waren. Aber wir hätten uns zumindest eine Dokumentation von offizieller Seite für das Archiv der Stadt gewünscht." Jahrhunderte alte Balken seien ebenso beim Bauschutt gelandet. Irritiert habe sie schon im Vorfeld das Hinweisschild an der Baustelle: "Hier wird ein Einfamilienwohnhaus abgerissen." "Das Haus war viele Jahre lang Dorfkneipe. Hier wurden viele Dorffeste gefeiert, kirchliche und weltliche.1901 bekamen die Besitzer, die Familie Hindrichs, die Erlaubnis, dort außerdem eine Postagentur zu eröffnen. Das Haus war nicht nur ein Wohnhaus."

Auch Pfarrer Christof Bleckmann weiß, dass der Abriss der Alten Post viele Reusrather beschäftigt und traurig macht. Wenngleich das bekannte Gebäude Am Markt schon seit zwei Jahren leersteht. "Wir haben ein paar Abriss-Fotos auf nachbarschaftlichem Niveau gemacht", sagt er. Dass dort einst ein lutherischer Altarraum gewesen sein soll, wisse er. "Ich bin aber ehrlich gesagt gar nicht auf die Idee gekommen, dass es noch erkennbare Spuren geben könnte", gesteht er. "Ich bin da einfach nicht vom Fach."

Wie ihm geht es auch Stephan Anhalt vom Referat Stadtplanung und Denkmalschutz im Langenfelder Rathaus. "Hätte das Haus unter Denkmalschutz gestanden, hätten wir davon erfahren und eine Handhabe gehabt. Wir haben leider nichts gewusst und deshalb auch das Stadtmuseum nicht informiert", sagt er.

(ik)
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