Langenfeld Andacht abseits ausgetretener Chorpfade

Langenfeld · Sie haben widerstanden. Der Männerchor 1860 Reusrath und der musikalische Leiter Christoph Willer folgten am Sonntagabend nicht den ausgetretenen Pfaden vorweihnachtlichen Gesangs. Vielmehr bescherten sowohl der Chor als auch Tenor Ricardo Marinello den mehr als 250 Zuhörern in der vollständig gefüllten Barbara-Kirche einen außergewöhnlichen Chorabend an der Trompeterstraße.

Das gut 90-minütige Programm wurde durch eine Pause in zwei Hälften geteilt. Zum Auftakt ging es um die Lobpreisung des Herrn im Allgemeinen, um große Namen wie Ludwig van Beethoven, dessen "Die Ehre Gottes" den Eröffnungston setzt. Und um Franz Schubert mit "Gott meine Zuversicht Psalm 23", den die Reusrather Herren in einer vierstimmigen Version perfekt darboten. Dann war es Zeit für einen Kontrapunkt.

Den bereitete das Spiritual, bearbeitet von Arnold Kempkes, vor: Beim Anhören von Jacob's Ladder stiegen die Musikfreunde buchstäblich mit dem Chor in die Höhe - ohne dass es klamaukig wurde.

Noch größer war die Herausforderung beim nächsten Stück, dessen Titel "Coralie" nur wenige mit Elvis Presleys "In the Ghetto" in Verbindung bringen; tatsächlich handelt es sich um ein und dieselbe Melodie. "Dennoch wollen wir Ihnen keine reine Unterhaltungsmusik bieten", sagte Christoph Willer an und ließ das "Sancta Maria" von Johannes Schweitzer anstimmen. Mit dem Lamm Gottes, Agnus Dei, von Georges Bizet - in einer Chorbearbeitung von Jakob Christ als Schlusspunkt des ersten Teils wurde eine in sich stimmige erste Hälfte gekonnt beendet. Die einzigartige Akustik von St. Barbara rechtfertigte mit jedem gesungenen Ton den Entschluss, das Gottes- für gut 90 Minuten in ein Konzerthaus zu verwandeln.

Vor allem im zweiten Teil des Abends bestand die Gefahr, in die Folklore zu verfallen. Denn nun ging es um die Geburt des Gottessohns, um Hirten auf dem Feld und Könige. Beim "Ave Maria" zeigte sich das segensreiche Wirken des musikalischen Leiters Christoph Willer. Er hatte bekannte Interpretationen bewusst hintan gestellt und sich für Giulio Caccinis Lobpreisung entschieden.

Tenor Ricardo Marinello bekreuzigte sich vor seinem Solo - wenn dies mehr war als Marien-Ehrfurcht, sondern eben die Bitte um Beistand für den Gesang - hat es gewirkt. Marinello führte die Zuhörer im Alleingang in höhere Klangsphären, ordnete sich aber ebenso in das Stimmen-Bett des Chors ein. Das Christrosenlied von Robert Stolz und Wilhelm Heinrichs "Weihnacht" belegten - perfekt intoniert -, dass Weihnachten mehr ist, als die ewige Wiederholung allzu bekannter Hymnen.

Der große Beifall der Zuhörer bezeugte deren Dank für einen beeindruckenden, kurzweiligen Chorabend.

(dne)
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