Langenfeld Archäologen graben am Locher Weg
Langenfeld · Wegen des bevorstehenden Baus einer Wohnsiedlung untersuchen Fachleute im städtischen Auftrag den Boden. In der Nähe waren vor einiger Zeit Scherben etwa aus dem 8. bis 10. Jahrhunderts gefunden worden.
Fünf Jahre nach den Ausgrabungen Am Markt in Reusrath sind wieder Archäologen in dem Ortsteil zugange. Mit einem Schaufelbagger und einem Spaten tragen Archäologe Stefan Ciesielski und sein Kollege Andy Reuter von der Kölner Spezialfirma ABS auf einer Wiese am Locher Weg schichtweise den Boden ab. "Wir öffnen eine 50 mal zehn Meter große Fläche und schauen nach, ob sich im Untergrund archäologisches Potenzial befindet", erläuterte Ciesielski im Gespräch mit der RP.
Anhaltspunkte für historische Funde auf dem Gelände gibt es: Vor einiger Zeit hatte jemand auf einem benachbarten Acker über 1000 Jahre alte Scherben entdeckt. Weil ringsum in Kürze mehrere Dutzend Wohnhäuser entstehen, hatte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) im Rathaus auf die Notwendigkeit einer solchen Bodenuntersuchung hingewiesen.
"Einer unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter hatte die wohl aus dem 8. bis 10. Jahrhundert stammenden Keramikscherben auf einem umgepflügten Feld gefunden", berichtete Dr. Erich Claßen vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege. Die von ihm geleitete Außenstelle der Behörde in Overath hat die Fachaufsicht. Das war auch schon 2008 so, als auf dem wenige Schritte entfernt liegenden ehemaligen Kirchengelände Am Markt gegraben wurde und die wissenschaftliche Auswertung von menschlichen Skeletten nicht nur in Fachkreise Aufsehen erregte: Die Archäologen und Knochenspezialisten wiesen nach, dass sich Menschen im heutigen Reusrath nicht erst im 11., sondern bereits im 9. Jahrhundert angesiedelt hatten (siehe Infobox). Bei dem gestern gestarteten Suchschnitt auf der Wiese in der Nähe des katholischen Friedhofs hielt Claßen vor allem die Frage für spannend, ob sich weitere Siedlungsreste aufspüren lassen.
Bis zum Nachmittag waren die von der Stadtverwaltung beauftragten Spezialisten aus Köln noch auf keine solchen Spuren historischer Überbleibsel gestoßen. Zunächst hatte das Zweierteam ein so genanntes Geoprofil angelegt, bei dem sie drei übereinander liegende Bodenschichten bis in anderthalb Meter Tiefe freilegten. Sein Augenmerk richtete Ciesielski vor allem auf die hellbraune Erdschicht unter dem dunkelbraunen Humus und über dem hellgrauen, uralten Löß. "Diese mittlere Erdschicht ist über Jahrtausende natürlich gewachsen. In ihr suchen wir nach Spuren von Siedlungsansätzen." Wenn die Baggerschaufel die dunkle Humusschicht abgetragen hat, kann der Archäologe anhand von Verfärbungen auf dem helleren Boden erkennen, ob dort vor vielen Jahrhunderten mal ein Holzpfosten in die Tiefe gerammt oder etwa eine Abfallgrube gemauert worden war.
Der städtische Planer Stephan Anhalt erwartet nach eigenen Angaben nicht, dass sich der Bau des neuen Wohngebiets am Locher Weg durch die archäologischen Ausgrabungen verzögern wird. "Auch an anderen Stellen in Reusrath hatten die Bodendenkmalpfleger solche Suchschnitte gemacht. Etwa vor der Bebauung des ehemaligen Sportplatz-Geländes am Teichweg oder im geplanten Gewerbegebiet Reusrath Nord-West." Anhalt zufolge ist eine weitere Grabung auf dem Gelände, an dem seinerzeit die Keramikscherben von unten nach oben gepflügt worden waren, nicht nötig. "Wenn Bauherren in ihrer Grube auf Verfärbungen des Erdreichs stoßen, sind sie nach dem Denkmalschutzgesetz verpflichtet, dies der Behörde zu melden."
Nach Behördenleiter Claßens Worten hat das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege trotz der spektakulären Grabungsresultate von 2008 die Reusrather Siedlungsgeschichte nicht weiter erforscht. "Die Weiterführung der damaligen Forschungsergebnisse ist jetzt Sache der Universitäten."