Langenfeld/Hilden Besuch in einer besonderen Schule

Langenfeld/Hilden · Rund 160 Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf im Schwerpunkt geistige Entwicklung besuchen die Schule an der Virneburg in Reusrath. Sie ist zuständig für den ganzen Südkreis.

 An der Virneburgschule in Langenfeld werden auch musische Fähigkeiten ausgebildet. Wolfgang Behrendt und Erhard Bärwolf (v.l.) zeigen Ausschnitte des Lehrstoffs.

An der Virneburgschule in Langenfeld werden auch musische Fähigkeiten ausgebildet. Wolfgang Behrendt und Erhard Bärwolf (v.l.) zeigen Ausschnitte des Lehrstoffs.

Foto: MATZERATH

Hinter der unscheinbaren Tür auf dem Gang des Schulgebäudes wartet eine Überraschung auf den Besucher: In einem 16 Meter langen Schwimmbecken lernen Schüler, sich im Wasser gut zu bewegen. "Hierhin kommen auch Klassen anderer Schulen und Gruppen von Menschen mit und ohne Behinderungen", berichtet Wolfgang Behrendt, Leiter der Schule an der Virneburg. In der kümmern sich rund 60 Lehrkräfte sowie Krankenpfleger, Physiotherapeuten, Integrationshelfer und Unterstützer im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres um 160 Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung - eine Arbeit mit den vielfältigsten Herausforderungen und Schwierigkeiten. Denn unter den Kindern sind auch solche mit Schwerst-Mehrfach-Behinderungen und dementsprechend erheblichem Pflegebedarf. Viele brauchen Medikamente, müssen zur Toilette begleitet werden oder leiden unter Krampfanfällen, bei denen schnelle Hilfe vonnöten ist. Deshalb umfasst der imposante Komplex an der schmalen Virneburgstraße auch einen Physiotherapiebereich, ein Pflegebad, einen Entspannungsraum und eine Krankenstation.

Der Schultag beginnt, wie an anderen Schulen auch, um 8.15 Uhr. Zuvor haben Busse die Kinder und Jugendlichen vielfach schon von der heimischen Haustür zu ihrer Lernstätte gebracht. Was dann folgt, ist jedoch schwerlich mit dem bekannten Unterricht an einer Regelschule zu vergleichen: "Wir haben nicht den klassischen 45-Minutentakt", erklärt Erhard Bärwolf, stellvertretender Schulleiter. Vielmehr dauern die Einheiten 75 bis 90 Minuten, und die sollen möglichst abwechslungsreich gestaltet sein. Das zeigt auch ein Blick in ein typisches Klassenzimmer: Jedes grenzt an einen kleinen Nebenraum an, in dem sich Kinder auf Matratzen oder in Sesseln ausruhen, spielen oder auch mal austoben können. "Oft lässt sich die Konzentration nicht durchgängig aufrecht erhalten", berichtet Bärwolf. Auch einen Zugang zum grünen Außengelände mit seinen Rutschen oder Schaukeln hat jede Klasse. Den vertrauten Lehrerbefehl "Alle die Mathebücher aufschlagen, Seite 7!", höre man in den Räumen nicht, betont Behrendt. Im Mittelpunkt stehe vielmehr die individuelle und lebenspraktische Förderung. Da geht es zum Beispiel mit den Schülern auch schon mal zum Einkaufen in den Supermarkt, um den Umgang mit Zahlenwerten zu verdeutlichen. "Die fitten Schüler arbeiten in einem Zahlenraum bis 100", ordnet Bärwolf ein.

Behrendt betritt unterdessen einen Küchenraum, in dem geschäftiges Treiben an Arbeitsplatte, Spüle und Herd herrscht. "Wir machen heute Kartoffeln, Möhren und Fisch", verrät ein Schüler. Auch Hauswirtschaft und Werkunterricht gehören zu den Fächern an der Ganztagsschule, in der die Kinder und Jugendlichen von der ersten bis zur elften Jahrgangsstufe und darüber hinaus auch noch in einer Berufspraxisstufe betreut werden. Zudem sollen die Schüler ihre sportlichen und musischen Begabungen pflegen und ausbauen. "Es ist unser Ziel, sie so selbstständig wie möglich werden lassen", sagt Behrendt. Dazu gehören auch Verkehrserziehung und ein Fahrradtraining: Zum Schulhof zählt sogar ein eigener Übungsplatz.

Berufstätigkeit bedeutet für die Absolventen an der Virneburg in der Regel eine Beschäftigung in der Werkstatt für angepasste Arbeit. Den ersten Arbeitsmarkt erreichen nur die wenigsten. "Einer pro Jahrgang geht auf ein Berufskolleg", sagt Bärwolf.

"Wir sind eine Angebotsschule", stellt Behrendt klar. Natürlich gebe es immer die Wahlmöglichkeit zwischen einer Regel- und Förderschule. Anfangs hätten viele Eltern Zweifel über den richtigen schulischen Weg für ihre Kinder. "Aber wenn sie dann gesehen haben, über welche Möglichkeiten wir im Vergleich zu einer Regelschule verfügen", betont Behrendt, "dann ist die Entscheidung leicht."

(RP)
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