Langenfeld Chance für das heimische Platt

Düsseldorf · Es steht nicht gut um das rheinische Platt. Vielen Bürgern bereitet das kaum Kopfzerbrechen. Doch wer soll die traditionelle Mundart in die nächste Generationen hinüberretten? Eine neu gegründete Initiative will es versuchen.

In Ulla Hahns 2001 erschienenem Roman "Das verborgene Wort" droht die Mutter ihrer Tochter, der Protagonistin, immer wieder: "Waat bes dä Papp no Huus kütt." Die Schriftstellerin ist in Monheim aufgewachsen. Das hoch gelobte Buch kann auch gelesen werden als Verarbeitung der eigenen rheinischen Kindheit, geprägt von Katholizismus und Proletariat, vom Streben nach Wohlstand, von Neid und Tratsch. Und eben: vom Monnemer Platt.

Bei dieser damals noch recht präsenten regionalen Muttersprache handelt es sich — wie auch beim Langenfääler Platt— um eine nördliche Spielart des Kölsch. Die Lage am Platt-Äquator — genauer gesagt knapp südlich der bei Sprachforschern oft zitierten "Benrather Linie" — bringt es mit sich, dass auch eine unüberhörbare Nähe zum Düsseldorfer Platt gibt.

Stark gefährdet

Platt — das ist nicht weniger als ein lange gewachsenes Kulturgut. Trotzdem stirbt nach Einschätzung einiger Wissenschaftler alle zwei Wochen eine Sprache, ein Dialekt aus. Und mit ihr die zahllosen Schätze, die sie hervorgebracht hat: Geschichten, Gedichte und so fort. Die Unesco hat deshalb einen Tag der Muttersprache ausgerufen, an dem der weltsprachlichen Vielfalt gedacht werden soll. Zu den dreizehn in Deutschland stark gefährdeten Sprachen zählen auch die Ripuarischen Dialekte rund um Köln, mithin: unser Platt.

Dafür gibt es verschiedentliche Erklärungsversuche — vor allem demographischer Natur. Auf die Frage "Sprechen sie Platt?" gaben bei einer spontanen und nicht repräsentativen Umfrage fast ausschließlich die Älteren (also über 50-Jährigen) eine bejahende Antwort. In ihrer Kindheit und Jugend habe man sich eben noch so unterhalten. Bei den Jüngeren hingegen häufig Kopfschütteln. Allenfalls bruchstückhaft geistert in ihrem Wortschatz noch das Platt umher. "Was ist das?" war aber auch zu hören. Dabei fängt, frei nach Goethe, die gesprochene Sprache doch beim Dialekt an. Das Bayrische Kultusministerium hat gerade einen Mundart-Wettbewerb für Grundschulen ins Leben gerufen. Man wolle so die Kinder in Bezug zum eigenen Kulturraum und der Menschen, die in ihm leben, setzen, ist aus München zu vernehmen. Solcherlei Überlegungen gibt es im Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen nicht. "Welche Sprache wollen sie denn da nehmen?", fragt leicht verdutzt Presse-Referentin Barbara Löcherbach. Dass sich diese Wahl durch den Standort der jeweiligen Schule doch schon von selbst ergebe, entlockt ihr immerhin die Äußerung, dass "so was vielleicht mal in AG's" gemacht werden könne. Für sie aber sei Mundart eher Folklore.

Und so nehmen die Einheimischen die Kulturpflege in zunehmendem Maße eben selbst in die Hand. Im Neandertal-Museum werden Führungen, in der Richrather St. Martin-Kirche die Messe "op Platt" gehalten. Für den gebürtigen Zülpicher Gerhard Trimborn selbstverständlich: "Bei uns zuhause wird Platt geredet. Ich hänge daran, es bedeutet mir ein Stück Heimat", sagt der Pfarrer. Natürlich sei es "total ungewohnt" vor hunderten Gläubigen in rheinischer Mundart zu predigen. "Der liebe Gott", ist sich der 51-Jährige aber sicher, "versteht das auch."

Frage des Tages

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort