Langenfeld/Leverkusen "Dann holen wir uns eine Polin ins Haus"

Langenfeld/Leverkusen · Wenn es um die Organisation von häuslicher Pflege rund um die Uhr geht, ist oft schnelle Hilfe gefragt.

Plötzlich ist alles ganz anders: Vater oder Mutter sind nach einem Krankenhausaufenthalt nicht mehr die, die sie einmal waren. Diagnose: Pflegefall. Mutter oder Vater sind bettlägerig, vielleicht an Demenz erkrankt, sie brauchen häusliche Hilfe - sogar rund um die Uhr. Die Eltern sollen ihren Familienabend aber in der gewohnten Umgebung verbringen, nicht im Heim. Nun beginnt für die Angehörigen ein Wettlauf mit der Zeit und eine Odyssee durch den Pflege-Dschungel. Die zentrale Frage: Wer hilft seriös?

Die Leverkusener Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat unter dem provokanten Titel "Dann holen wir uns eine Polin ins Haus" zu einem Informationstag eingeladen. Referentin Anke Hartmann rät aus Gründen der Seriosität, bei der Agentur für Arbeit nachzufragen, wenn kurzfristig eine 24-Stunden-Hilfe organisiert werden muss.

Das für Langenfeld und Monheim zuständige Arbeitsamt an der Karl-Benz-Straße verweist in der Regel weiter an die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn. Bei der ZAV gibt es im Internet ein Merkblatt zur Vermittlung von europäischen Haushaltshilfen und auch ein Formular für die Stellenvermittlung. Im Gegensatz zu einer "schwarz" eingestellten europäischen Haushaltshilfe bekommen die von der Arbeitsagentur vermittelten Kräfte ein Mindestgehalt, eine klare Aufgabendefinition, Urlaubsanspruch von 30 Tagen ab dem 30. Lebensjahr. Und sie haben eine 38,5-Stunden-Woche.

Ausländische Pflegekräfte stehen im Fokus der Arbeitsvermittlung. Bereits seit einigen Jahren vermittelt die ZAV Pflegekräfte aus EU-Ländern nach Deutschland. "Wir vermitteln motivierte und engagierte Pflegekräfte", sagt Monika Varnhagen, Direktorin des ZAV. "Die Bewerber sind bereit, in Deutschland zu arbeiten." Die Vermittlung von Fachkräften aus dem Ausland sei ein Baustein der Fachkräftesicherung in Deutschland.

Hilfe gibt es ebenfalls bei der städtischen Pflege- und Wohnberatung im Rathaus. Petra Kremer hat auf Anfrage eine vom Kreis Mettmann herausgegebene Liste mit seriösen Pflegediensten. "Dabei handelt es sich ausschließlich um zertifizierte Unternehmen", sagt Kremer. "Darüber hinaus erhalten Betroffene bei uns kostenlose Hilfe und Beratung." Zudem vermittele die Stelle Kontakte zu Pflegediensten, die oft auf Mitarbeiter aus dem osteuropäischen Ausland setzen.

Als problematisch empfindet Anke Hartmann indes, wenn Haushaltshilfen illegalerweise oft zwölf Stunden am Tag arbeiten und nachts manchmal auch noch gerufen werden, um nach dem pflegebedürftigen Familienmitglied zu schauen. Deshalb stehe die Arbeiterwohlfahrt dubiosen Beschäftigungsverhältnissen, die sich in einer rechtlichen Grauzone bewegten, kritisch gegenüber, betont die Sozialpädagogin.

Auch werde bei den schwarz Beschäftigten zumeist nicht mal der Mindestlohn gezahlt. "Außerdem sind sie natürlich keine gelernte Fachpflegerin, so dass in der Regel immer noch zusätzlich ein häuslicher Pflegedienst hinzu bestellt werden muss", gibt Hartmann zu bedenken.

(RP)
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