Monheim Der Terrornacht gedacht

Düsseldorf · Mit einer Gedenkstunde am Kradepohl-Mahnmal erinnerten Schüler, Lehrer und Bürger an die Opfer der „Pogrome“ in der Nacht des 9. November 1938. Damals zerstörten Nazis Synagogen und anderes Eigentum von Juden.

Mit einer beeindruckenden Gedenkstunde erinnerten Monheimer gestern an die sogeannte Reichspogromnacht vor 69 Jahren. In der Nacht vom 9. zum 10. November zerstörten Nationalsozialisten in einer von oben angeordneten Aktion im gesamten Deutschen Reich Synagogen, Geschäfte und andere Einrichtungen von Juden und drangsalierten und misshandelten tausende von ihnen. Auch in Monheim wüteten braune Uniformierte. Besonders die Familie Alfred Herz von der Frohnstraße 14 war betroffen. Nazis warfen die Fenster ihrer Wohnung ein. Wenige Jahre später wurden fünf Familienmitglieder in Vernichtungslagern ermordet.

Ebenso erging es der Familie Emanuel Herz von der Franz-Boehm-Straße 3 (ehemals Kirchstraße, dann Bleer Straße 3), und Familie Johanna Herz von der Grabenstraße 54. Alle kamen gewaltsam ums Leben. Der bekannteste Monheimer, der sein Leben im KZ Dachau verlor, war der katholische Pfarrer von St. Gereon, Franz Boehm. An ihn und die anderen erinnern dauerhaft die „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demning.

Am Mahnmal am Kradepohl versammelten sich gestern am späten Nachmittag etwa 120 Monheimer, die meisten von ihnen Schüler der Peter-Ustinov-Gesamtschule und des Otto-Hahn-Gymnasiums in Begleitung ihrer Schulleiter Michael Schlemminger-Fichtler und Hagen Bastian sowie zahlreicher Lehrer. Bürgermeister Thomas Dünchheim erinnerte an den Freudentag, 9. November 1989, als die Mauer fiel, aber ganz besonders an den Staatsterror gegen Juden am 9. November 1938.

Schüler Marc Adamczack sagte in seiner Rede: „Der Hitler-Putsch des 9. November 1923 war der erste große Auftritt der Nationalsozialisten. Hätte dieser misslungene Versuch nicht die Aufmerksamkeit der Deutschen wecken müssen?“

„Wie im tiefsten Mittelalter“

Kevin Guschkat las Texte aus dem Tagebuch von Victor Klemperer vom Frühjahr 1933. Klemperer hatte bereits 1933 eine Stimmung bemerkt, „wie vor einem Pogrom im tiefsten Mittelalter . . .“ Kathrin Eidens las ebenfalls aus dem Tagebuch: „3. April, Montagabend. Am Sonnabend rote Zettel an Geschäften: ,Anerkannt deutschchristliches Unternehmen’. Dazwischen geschlossene Läden, SA-Leute davor mit dreieckigen Schildern: ,Wer bei Juden kauft, fördert den Auslandsboykott und zerstört die deutsche Wirtschaft’.“ Abdullah Akinci las Texte aus Briefen, die der später hingerichtete Dietrich Bonhoefer an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb. Das Rund um das Mahnmal war durch Fackeln erleuchtet. Bürger legten Blumen ab, Schüler stellten Lichter auf.

(RP)
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