Baumberg Erdbeeren und Spargel werden teurer

Baumberg · Der ab 1. Januar 2015 geltende Mindestlohn lässt die Lohnkosten bei Sonderkulturen um 25 Prozent steigen.

 Robert Bossmann muss ab nächstem Jahr seinen polnischen Erntehelfern mehr Stundenlohn zahlen und ihnen eine kostenlose Unterkunft bieten.

Robert Bossmann muss ab nächstem Jahr seinen polnischen Erntehelfern mehr Stundenlohn zahlen und ihnen eine kostenlose Unterkunft bieten.

Foto: Matzerath

Ab 1. Januar 2015 müssen deutsche Landwirte ihren Erntehelfern einen Bruttostundenlohn von 7,40 Euro zahlen, das sieht der gesetzliche Mindestlohn vor. Am Ende der den Bauern zugestandenen Übergangszeit, also zum 1. Januar 2017, soll der Mindestlohn dann auf 8,50 Euro steigen. Robert Bossmann, der die Hälfte seines betrieblichen Umsatzes mit Sonderkulturen wie Erdbeeren und Spargel erwirtschaftet, sieht dieser Regelung mit einer Mischung aus Fatalismus und Gelassenheit entgegen.

"Ich lasse es auf mich zukommen, ändern kann ich nichts", sagt der 45-Jährige. Ohnehin könne er im Vorhinein nicht absehen, wie die Kunden auf die mutmaßlich höheren Preise reagieren werden. Im Allgemeinen rechnet die Branche mit einer Lohnkostensteigerung von 25 bis 30 Prozent, sagt Arno Wiedenau, Fachmann für Landwirtschaftsrecht und Sozialpolitik im Rheinischen Landwirtschafts-Verband. "Die Mehrkosten werden wir auf die Kunden umlegen müssen", so Bossmann. Allerdings griffen bei den Preisen auch die alten Gesetzmäßigkeiten, wie der Ernteumfang und das Wetter, das entweder Lust auf Erdbeeren macht oder nicht.

Der vom Gesetzgeber einseitig gekündigte Tarifvertrag, der allerdings nur für gewerkschaftlich organisierte Saisonarbeiter bindend war, gab bisher einen Bruttostundenlohn von 7,30 Euro (ab 1.7.2014) vor, erklärt Wiedenau. Das traf aber nur auf einen sehr geringen Anteil der Saisonkräfte zu. "Eigentlich wurden die Löhne frei verhandelt, lagen im Schnitt zwischen 6 und 6.50 Euro für die sozialabgabenfreie Beschäftigten, die natürlich bevorzugt genommen wurden" (siehe Box)", sagt Bossmann, der seine Helfer zu 100 Prozent aus Polen rekrutierte.

"Das A und O waren aber immer auch viel Arbeit und damit gute Verdienstmöglichkeiten für die Saisonarbeiter." Weil gerade in Polen die Löhne in den vergangenen Jahren bei unverändert niedrigen Lebenshaltungskosten gestiegen sind, "kam keiner mehr für sechs Euro die Stunde". Seine sozialabgabenfrei Beschäftigten erhielten 6,50 Euro ausgezahlt, die Sozialabgabepflichtigen (etwa die Vorarbeiter) einen Bruttostundenlohn von 8,125 Euro, der sich für ihn als Arbeitgeber auf über zehn Euro summierte. Im Schnitt brächten es die Erntehelfer im Monat auf 200 Arbeitsstunden. Die Unterkunft für die bis zu 70 Kräfte stellt Bossmann zur Verfügung, dafür hat er eigens Container angeschafft. "Ich habe dafür nur einen kleinen Sachbezugswert von 4,40 Euro pro Tag genommen, der aber die Anschaffungskosten (von 200 000 Euro) nicht gedeckt hat." Künftig darf er den seinen Saisonkräften aber nicht mehr vom Lohn abziehen. "Die etwa 14 Euro Unterbringungskosten pro Kopf muss ich jetzt selber tragen", sagt Bossmann.

Fazit: Wenn er also ab 1. Januar einen Bruttolohn von 7,40 Euro zahlen muss, liegt er zwar bei den sozialabgabepflichtigen Beschäftigten schon jetzt darüber. "Aber bei der Mehrheit, den sozialabgabefreien Kräften, die unterhalb der 70-Tage-Grenze beschäftigt werden, ist die Lohnsteigerung schon sehr hoch." Immerhin machen bei den arbeitsintensiven Sonderkulturen die Personalkosten gut 70 bis 80 Prozent der Produktionskosten aus, sagt Wiedenau. Deshalb geht Bossmann davon aus, dass die deutschen Erdbeeren und Spargel gegenüber der importieren Ware aus dem europäischen Ausland nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden. "Gerade kleinere Betriebe werden aufgeben", vermutet er. Große Betriebe werden dazu übergehen, Arbeiten, die bisher von Hand erledigt wurden, auf eine maschinelle Produktion umstellen. Dafür biete sich etwa das Sortieren an. Es gebe auch Erntemaschinen, die den kompletten Spargeldamm mit den Stangen aufnehmen und diese auf die richtige Länge schneiden. "Allerdings muss man die hohen Anschaffungskosten erst einmal verdienen", so Bossmann, der weiterhin auf faire Entlohnung setzen will. Schließlich kommen 70 bis 75 Prozent seiner polnischen Erntehelfer jedes Jahr wieder. "Ich kann mir ja auch nicht einfach den Betrieb unter den Arm klemmen und ins Ausland abwandern."

(RP)
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