Langenfeld Forscher loben Nachbarschafts-Netzwerk

Langenfeld · Kölner Soziologen haben die Langenfelder Quartiersarbeit untersucht - und stoßen auf erste Erfolge.

 Prof. Hartmut Meyer-Wolters (m.), der im städtischen Sozialausschuss die Ergebnisse der Studie vorstellte, ist vom Netzwerken im alternden Langenfeld auch persönlich betroffen. Der Forscher der Uni Köln wohnt in der Posthorn-Stadt.

Prof. Hartmut Meyer-Wolters (m.), der im städtischen Sozialausschuss die Ergebnisse der Studie vorstellte, ist vom Netzwerken im alternden Langenfeld auch persönlich betroffen. Der Forscher der Uni Köln wohnt in der Posthorn-Stadt.

Foto: rm-

Alte Männer sind Eigenbrötler. Denn sie ignorieren größtenteils die auch für sie geschaffenen Angebote.

Eine gute Nachbarschaft braucht den Anschub durch die Stadt. Denn moderne Lebensverhältnisse isolieren die Menschen.

Weil die Zahl der über 60- und über 80-Jährigen ständig zunimmt, wird Langenfeld künftig noch weit mehr als bisher tun müssen, um ein Miteinander der Senioren sowie die Kommunikation über Generationen hinweg aufrecht zu erhalten.

Das sind die drei wichtigsten Ergebnisse einer Studie über die "Quartiersarbeit". Deren erster Messpunkt liegt nun ausgewertet vor. Erst wenn die Studie indes wie geplant 2016/17 wiederholt werden wird, lässt sich fundiert beurteilen, ob die Quartiersarbeit die Lebensqualität in Langenfeld-Mitte und Immigrath spürbar verändert hat.

Das Centrum für Altersstudien der Uni Köln (Cefas) hat Langenfelder gefragt. 1431 Fragebogen bekamen die Soziologen zurück. Ergänzt wurde dieser Ansatz durch zwei Gesprächsrunden, aus denen die Wissenschaftler qualitative Hinweise zogen. Im Zentrum des Interesses: Die Initiativen "Wir in Mitte schaffen Nachbarschaft" rund ums CBT-Haus sowie die Immigrather Gruppe des NRW-Projekts "ZWAR - zwischen Arbeit und Ruhestand". Gemeinsam ist beiden Ansätzen: Sie bringen Menschen zueinander.

Bei "Wir in Mitte" schafft das CBT-Haus mit Ulrike Kniep ein Angebot; bei ZWAR bietet die Arbeiterwohlfahrt einen Rahmen, in dem sich Bürger ohne Vorgaben selbst organisieren. Welcher Ansatz funktioniert besser? Auf diese Frage, die Marion Prell, Demografie-Expertin im Langenfelder Rathaus, mit Blick auf weitere Projekt interessiert, gibt es keine haushaltsschonende Antwort. Denn ZWAR begeistert eine im Durchschnitt jüngere Klientel, die sich zu 80 Prozent als "nach Langenfeld zugezogen" bezeichnet. "Wir in Mitte" hingegen hat ein um 14 Jahre höheres Durchschnittsalter, einen um 19 Prozentpunkte höheren Frauenanteil (91 Prozent), und die Mitglieder sehen sich als "alteingesessen". "Beide Angebote ergänzen sich. Sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Wenn es sich die Stadt finanziell und organisatorisch leisten kann, sollten beide ausgebaut werden", sagte Studienleiter Hartmut Meyer-Wolters vom Cefas jetzt bei der Vorstellung im städtischen Sozialausschuss.

Der in Langenfeld lebende Professor geht demnächst selbst in den Ruhestand, wird also sein beruflich geschaffenes Netzwerk in Köln verlassen und muss sich Kontakte in der Nachbarschaft aufbauen. "Das Ganze ist also nicht bloß Theorie für mich." So wie Meyer-Wolters stehen viele unvermittelt da: Zeit ihres Berufslebens sind sie nach Langenfeld "nur zum Schlafen" gekommen, die Kinder und Enkel leben größtenteils in anderen Städten oder im Ausland. Der "dritte" Lebensabschnitt beginnt mit einer großen Leere.

Die meisten Senioren möchten in ihren eigenen vier Wänden leben - solange es geht. Wer nicht in Vereinen engagiert ist, keine kirchlichen Angebote besucht und sich auch keinen Freundeskreis aufgebaut hat, bekommt bei "Wir in Mitte" und bei ZWAR Ansätze, sich Kontakte zu schaffen. Das scheint zu gelingen. Laut den Kölner Wissenschaftlern ist Nachbarschaftshilfe im Umkreis beider Initiativen deutlich häufiger als im Langenfelder Durchschnitt. Man vertraut einander und achtet aufeinander. Die Teilnehmer kennen sich in der Stadt besser aus und engagieren sich häufiger als der Altersdurchschnitt ehrenamtlich.

Die Studie malt allerdings kein durchweg rosiges Bild. So wünschen sich die Befragten Senioren mehr Kontakte zu Schülern und Jugendlichen. Die kämen häufig zu einem bestimmten Anlass - und blieben dann wieder weg. Manche Senioren argwöhnen, dass sich die Stadt mit ihrer Quartiersarbeit schlicht die Kosten für Profi-Helfer sparen will. Dem tritt Prell vehement entgegen: "Ihr sollt Spaß miteinander haben. Darauf kommt es uns an."

(dne)
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