Langenfeld/Hilden Heimatkunde in 35 Minuten

Langenfeld/Hilden · Auf der Rheinbahn-Strecke von Hilden nach Langenfeld gibt es viel zu entdecken - wenn der Heimatforscher Thomas Bernhardt mitfährt.

 Thomas Bernhardt (l.) zeigt Rheinbahn-Sprecher Eckhard Lander in Richraths Ortsmitte ein Detail. Beide steigen vor der Kirche St. Martin aus dem Bus der Linie 785. Der Busfahrer sitzt auf heißen Kohlen, er ist ein wenig verspätet.

Thomas Bernhardt (l.) zeigt Rheinbahn-Sprecher Eckhard Lander in Richraths Ortsmitte ein Detail. Beide steigen vor der Kirche St. Martin aus dem Bus der Linie 785. Der Busfahrer sitzt auf heißen Kohlen, er ist ein wenig verspätet.

Foto: Matzerath

Der Bus ist voll, und er ist schnell: Ausgerechnet an diesem Nachmittag, an dem Thomas Bernhardt von der Düsseldorfer Geschichtswerkstatt ganz viel über die Wegstrecke erzählen soll, während sie befahren wird, ausgerechnet jetzt also ist die Straße relativ frei, keine Staus. Und der Fahrer gibt Gas, weil sein 785er Verspätung hat. Nun, dann also schneller erzählen, von dem, was es rechts und links des Weges zu sehen gibt.

Überhaupt: der Weg. Er ist das Ziel dieser Reise, denn über ihn wollen wir mehr erfahren. In grauer Vorzeit war die Strecke unseres heutigen Busses ein Teil des "Mauspfads", übersetzt: Mautpfad. Die Kutscher mussten Geld abdrücken, zum Beispiel am "Zollhaus" genau auf der Grenze zu Langenfeld. Die Haltestelle heißt heute noch so, das Haus beherbergt eine Tierpension. "Gut gepflegt war der Weg aber nicht", erzählt Bernhardt, während die Fahrt heute ganz glatt geht. "Damals ließ man ihn eigens ein wenig verkommen, damit die Kutschreifen zu Bruch gingen und die Handwerker etwas zu tun bekamen." Postkutschen nahmen diesen Weg, das Posthorn verkündete ihre Ankunft - es hat noch immer große Bedeutung für die "Posthornstadt" Langenfeld. Die Kutschen brachten Post und Leute, vor allen aber neueste Nachrichten aus der Region.

Heute drehen sich die Nachrichten dagegen um die Vergangenheit. Wir sind in Hassels gestartet und am Hoxbach entlang Im Hock angekommen - was so viel bedeutet wie Knick. "Der Bach macht dort eine Kehre." - "Aha, hat also nichts mit der Hocke zu tun", meldet sich Eckhard Lander zu Wort. Er ist Sprecher bei der Rheinbahn und hat es sich nicht nehmen lassen, die Bustour zu begleiten. Die wird immer lustiger, weil immer mehr Fahrgäste zuhören und den Geschichts- und Geschichtenerzähler Bernhardt regelrecht anfeuern ("spannend, machen Sie das öfter?"). Der Bus fährt an weitläufigen Gewerbegebieten entlang, hier war einst nur Feld, bevor Stahl und Eisenbahn ihren Platz einforderten. Weiter die Ellerstraße hinunter, beginnt Hildens denkmalgeschützte Wohnbebauung, es geht über die Itter. "Kaum jemand weiß, dass die Itter unter Hildens Kino entlang fließt", sagt Bernhardt. Wenn es im Kinosaal rauscht, muss das also nicht an der Toilettenspülung liegen. Der Knotenpunkt an der Benrather Straße, an dem soeben erst der aktuelle Verkehr gezählt wurde, war schon immer trubelig mit Karren und Wagen aller Art. Und der Lindenplatz erinnert mit seiner umgebenden Wohnbebauung daran, dass hier Arbeiterfamilien untergebracht werden mussten. Dann passieren wir das Hagelkreuz: "Eine wichtige Wegmarke", erklärt der Historiker. "An diesen Kreuzen wurde gebetet, dass die Ernte nicht verdürbe." Ob es geholfen hat? Das weiß er nicht. Ein Hock weiter wartet nun die Richrather Straße mit ihren Besonderheiten, die sich gerne in Nebenstraßen verstecken: An der Schützenstraße steht Hildens erstes Krankenhaus, heute ein Wohnhaus mit hohen Giebeln. Die Gaststätte "Haus Tillmanns", die dadurch besonders ist, weil sie schon immer Gaststätte war und die kleine Klusenstraße, deren "Klause" den Aussätzigen der Gegend Obdach bot. An der 1873 erbauten Wilhelm-Busch-Schule kommen wir vorbei, in der Nähe ist eine Straße dem besonderen Lehrer Anton Schneider gewidmet. Die dichte Besiedlung hört auf, der Weidenweg erinnert noch daran, dass hier mal Tiere geweidet haben, und die "Verlach" hat noch den Sumpf, die "Lache", im Namen. Dann Felder - so weit das Auge reicht. Die unscheinbaren Erdbeeräcker eines Langenfelder Obstbauern haben 2009 ihr Geheimnis preisgegeben. Da wurden Fundstücke aus der Jungsteinzeit (2000 bis 1200 vor Chr.) aus dem Boden geholt, Feuersteinklingen und Urnen. "Das beweist, wie lange hier schon gesiedelt wurde", so Bernhardt. An der Richrather Kirche steigen wir aus. "Der Turm stammt aus dem 12. Jahrhundert", sagt der Hildener noch. Applaus der Fahrgäste.

(RP)
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