Monheim "Ich sehe alles wieder genau vor mir"

Monheim · Ihren 70. Geburtstag feierte Ulla Hahn mit einem Tag der offenen Tür. Dabei werden auch Erinnerungen wach.

 Ulla Hahn erinnert sich beim Besuch in ihrem Elternhaus an Kindertage. Lediglich der Keller habe sich kaum verändert.

Ulla Hahn erinnert sich beim Besuch in ihrem Elternhaus an Kindertage. Lediglich der Keller habe sich kaum verändert.

Foto: Ralph matzerath

Im Keller werden die Erinnerungen lebendig. "Ich sehe alles wieder genau vor mir", sagt Ulla Hahn und geht durch das eng gebaute Gewölbe. "Hier haben die Einmachgläser gestanden, da war die Heizkohle gestapelt und im Nebenraum hatte mein Vater eine kleine Werkbank." Unter der Kellertreppe, sagt sie, seien die Kartoffeln gelagert gewesen. "Der Keller ist fast genauso wie damals", meint die wohl bekannteste Tochter der Stadt. "Dass ich meinen Geburtstag hier feiern kann, ist das schönste Geschenk überhaupt."

Gemeint ist damit ein Tag der offenen Tür im Ulla-Hahn-Haus, der mit vielen Aktionen für Kinder und Jugendliche ein wohl eher untypischer 70. Geburtstag ist. Für die Schriftstellerin, die in ihren autobiografisch geprägten Romanen "Das verborgene Wort", "Aufbruch" und "Spiel der Zeit" vor allem ihre Kindheit und Jugend im Monheim der Nachkriegsjahre beschreibt, ist das genau richtig so. "Hier wird eine wunderbare Arbeit geleistet", sagt sie. Ein "lebendiges Haus, in dem junge Menschen an das Lesen und Schreiben herangeführt werden" sei ihr allemal lieber, als wenn ihr ehemaliges Elternhaus zu einer Art Museum geworden wäre.

Das ist sicherlich auch in ihrer Biografie begründet. Sie wächst in einer kleinbürgerlichen und katholischen Familie auf, die nicht viel von ihrer Sprachbegabung hält. Einzig der Großvater fördert die Kreativität des jungen Mädchens - mit Spielen und Geschichten bei gemeinsamen Ausflügen an den Rhein. Trotz aller Widerstände entwickelt sich die Protagonistin Hilla Palm intellektuell weit über ihr Milieu hinaus. Auf dem zweiten Bildungsweg macht sie ihr Abitur und studiert später in Köln Germanistik, Soziologie und Geschichte. Ihre ersten Gedichte veröffentlicht Hahn bereits Anfang der 1970er Jahre.

Es folgen viele Erfolge als Lyrikerin. Ihr Gedichtband "Herz über Kopf" avanciert zum Bestseller - ebenso wie ihre später erschienenen Romane. Längst ist Ulla Hahn eine feste größte im Literaturbetrieb. Inzwischen schreibt sie an einem vierten Band, der die Zeit während und nach dem Studium behandeln soll. "In den kommenden Wochen werde ich mich wieder komplett abschotten und schreiben", sagt sie. Ihr gehe es unter anderem auch darum, zu ergründen, wie sie als junge Frau in der Deutschen Kommunisitischen Partei (DKP) landen konnte.

Der Tage der offenen Tür, bei dem sie von ihrem Ehemann Klaus von Dohnanyi und ihrem Bruder Hermann (68) begleitet wird, ist ein Stück weit auch von Nostalgie geprägt. Bis auf den Keller, erzählt die Schriftstellerin, sei ihr Elternhaus kaum noch wiederzuerkennen. "Die Architekten haben beim Umbau hervorragende Arbeit geleistet."

Erinnerungen an die Kindheit bleiben freilich nicht aus. Auch ihr Bruder Hermann erinnert sich - etwa an den wöchentlichen Badetag in der Familie, wenn Eltern, Großeltern und Kinder sich nacheinander eine kleine Zinkwanne teilen mussten. "Sie können sich vorstellen, wie die Brühe später aussah", erzählt er schmunzelnd. Noch heute wisse er jede Dusche zu schätzen.

(RP)
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