Langenfeld Immer mehr wollen elektronisch lesen

Langenfeld · Weniger Bücher "zum Anfassen", dafür mehr Treffpunkt mit WLan, Hörbar und interaktiven Sesseln – so sieht die Zukunft der Langenfelder Stadtbibliothek aus. Schon jetzt schrumpft das Ausleihe-Volumen, ist "Onleihe" im Aufwind.

 Weniger Bücher, mehr digitale Vernetzung – so sieht die Zukunft der Stadtbibliothek aus, nicht nur für junge Langenfelder wie Elisabeth Markett.

Weniger Bücher, mehr digitale Vernetzung – so sieht die Zukunft der Stadtbibliothek aus, nicht nur für junge Langenfelder wie Elisabeth Markett.

Foto: Matzerath

Weniger Bücher "zum Anfassen", dafür mehr Treffpunkt mit WLan, Hörbar und interaktiven Sesseln — so sieht die Zukunft der Langenfelder Stadtbibliothek aus. Schon jetzt schrumpft das Ausleihe-Volumen, ist "Onleihe" im Aufwind.

Noch knapp neun Jahre, dann geht Martina Seuser in den Ruhestand. "In dieser Zeit wird sich dieses Haus aber noch ganz schön verändern", prophezeit die Leiterin der Langenfelder Stadtbibliothek. Der Bestand an Medien "zum Anfassen" wird nach ihrer Schätzung um "gut ein Viertel" schrumpfen. Statt Bücher, CD's und DVD's aus Regalen zu nehmen, werden immer mehr Langenfelder deren Inhalte herunterladen, ob nun Literatur, Filme, Audiowerke oder Spiele. "Das schafft Platz für Neues", freut sich die 57-Jährige und lässt keinen Zweifel daran, dass sie diese "Chance" nutzen will.

Schon jetzt ist die Zahl der "Ausleihen aus dem Bestand" erstmals zurückgegangen. Mit ein Grund dafür ist zwar auch eine dreiwöchige Schließung wegen der Einführung des Selbstverbuchungssystems im Herbst, doch selbst unter Berücksichtigung dieses Sondereffekts ist die Schrumpfung bemerkenswert: Knapp 320 000 Ausleihen zählte die Stadtbibliothek im vorigen Jahr — satte neun Prozent weniger als 2012. Bis dahin war es über Jahre immer nur aufwärts gegangen.

Und auch das besagt der Jahresbericht, den Seuser gestern im städtischen Kulturausschuss vorlegte: Im "Kerngeschäft" fiel der Rückgang überdurchschnittlich aus! Bücher wurden 2013 rund 188 000 Mal entliehen — ein Minus von elf Prozent. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Medienbestand wider: Insgesamt um sechs Prozent geschrumpft, umfasst dieser jetzt 58 664 Medien. Dreiviertel davon sind Bücher (minus vier Prozent).

Bedeutet dieses "Immer weniger Bücher" zugleich mehr Videos, Hörspiele und Computergames? Und das in einer "Bücherei"? Seuser schüttelt den Kopf: "Der Bestand an audiovisuellen Medien ist zwar in den letzten Jahren gestiegen, aber er wird nach meiner Einschätzung mittelfristig auf dem aktuellen Niveau verharren." Der Trend gehe vielmehr zum E-Book. So hätten die "Onleihen", also das Herunterladen von E-Books aus dem hiesigen "Bibnet", im vorigen Jahr erstmals die 10 000er Marke geknackt.

11 355 Onleihen waren es genau. Und wer leiht sich diese E-Books aus? "Den typischen Onleiher gibt es nicht, unsere E-Books werden vielmehr von fast allen Altersgruppen nachgefragt", sagt Seuser. Da gebe es den 45-Jährigen, der am Wochenende gerne noch in "richtigen" Büchern blättert, aber bei der täglichen S-Bahnfahrt seinen Krimi lieber als E-Book liest und im Auto das Hörbuch abspielt ("Überhaupt sind Hörbücher vor allem Männersache"). Da sei aber auch die Rentnerin, die es schätzengelernt hat, ihre Frauenromane auch in vergrößerter Schrift schmökern zu können und deshalb zum E-Book-Reader greift. Mehrerer solcher Lesegeräte verleiht die Stadtbücherei auch selbst. "Um auf den Geschmack zu kommen, muss man sich also nicht gleich selbst eins anschaffen", wirbt Seuser fürs Ausprobieren.

Den Platz, den die "haptischen" Medien freimachen, will die Bibliotheksleiterin mit vernetzten Arbeitsplätzen und "Kommunikationsgelegenheiten" füllen. Ein erster Schritt dorthin ist WLan, das noch in diesem Jahr kommen soll. "Dann kann jeder mit seinem eigenen Notebook oder Tablet hier recherchieren." Zum Beispiel Schüler, die an Jahresarbeiten schreiben. Ihnen wird bald neben dem "Munzinger" (Personen und Länder) eine Presse-Datenbank zur Verfügung stehen, kündigt Seuser an. Außerdem schweben ihr eine Hörbar, Mediensessel mit angeschlossenem Tablet und Touchscreen-Terminals zur Abfrage auch von Infos über Kunst und Kultur in Langenfeld vor. "Mein Vorbild sind die Einrichtungen in Köln und Aarhus in Dänemark, dem Traumland aller Bibliothekare!" Beim Namen soll es aber aber bleiben, auch mit deutlich weniger Büchern als bisher: "Stadtbibliothek, das ist ein Qualitäts- und Markenzeichen — das geben wir nicht auf."

(RP)
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