Langenfeld/Monheim Jeder Zehnte im Kreis Mettmann arbeitet auch nachts

Langenfeld/Monheim · Drei Beispiele aus Langenfeld/Monheim: In Bäckereien, im Krankenhaus und der Industrie gibt es Mondschein-Jobber.

 Benjamin Herweg (l.) und Jan Dietzmann von der Bäckerei Jung in Richrath fangen mitten in der Nacht an zu arbeiten. Dafür haben sie vormittags schon Feierabend.

Benjamin Herweg (l.) und Jan Dietzmann von der Bäckerei Jung in Richrath fangen mitten in der Nacht an zu arbeiten. Dafür haben sie vormittags schon Feierabend.

Foto: Ralph Matzerath

Kurz nach 10 Uhr morgens in Richrath. "Schönen Feierabend", ruft Chef Manfred Jung seinen Mitarbeitern Jan Dietzmann (26) und Benjamin Herweg (27) zu. Die beiden gehören zu den neun seiner 20 Bäckerei-Angestellten, die regelmäßig in der Nacht arbeiten. "Mondschein-Jobber" nennt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die rund zehn Prozent aller Beschäftigten im Kreis, die nach 23 Uhr ran müssen.

Jan kennt seinen speziellen Tag-Nacht-Rhythmus seit acht Jahren. "Es ist schwierig" räumt er ein, "aber deutlich besser als Wechselschicht". Wenn der Langenfelder nach Hause kommt, schläft er acht Stunden. Um den "Einschnitt ins soziale Leben" abzumildern, überlegt er, die Technik seines Kollegen Benjamin teilweise zu übernehmen. Der schläft in zwei Etappen, "vier Stunden nach der Arbeit, Aufstehen, wenn die Kinder aus der Schule kommen, und mit den Kids die Nachtruhe beginnen". Beide nutzen die Vorteile des antizyklischen Ablaufs. "Kein Stau auf dem Weg von und zur Arbeit", sagt Benjamin, der in Velbert wohnt. Für Bäcker- und Konditormeister Manfred Jung (60), der von der Backstube aus drei Ladenlokale in der Nähe versorgt, ist die Nachtarbeit alternativlos. Dank moderner Technik und guter Vorbereitung reicht es, wenn die Bäcker um 1 Uhr beginnen. Die Zutaten ruhen bereits in den großen Teigtrommeln. Die Teiglinge werden dank Zeitschalttechnik auf Temperatur gebracht. Großbäckereien, die weit entfernte Kunden rechtzeitig beliefern müssen, arbeiten meist sogar ab 20 Uhr im Zwei-Schicht-Betrieb. Jungs Körper hat sich in 45 Berufsjahren so an den Rhythmus gewöhnt, dass er auch jetzt noch mittags von 15 bis 18 Uhr schläft.

Im Langenfelder Martinus-Krankenhaus kümmern sich jede Nacht mindestens 24 Mitarbeiter um die maximal 188 Patienten, meist Pflegekräfte und Ärzte. "Die einzelnen Stationsleitungen planen für ihren Bereich bis zu zwei Monate im Voraus, dabei werden neben den arbeitsrechtlichen Vorgaben auch individuelle Bedürfnisse berücksichtigt", erklärt Maria Wittke, seit 2006 Pflegedirektorin. "Manchen reicht ein Ausschlaftag". Dienst bedeutet Dienst, "Bereitschaft" reicht nicht. "Wir müssen unmittelbar eingreifen können", sagt Werner Tresch Pflegeleiter auf der Intensiv-Station. Sein gelegentlicher Nachtdienst beginnt 20.30 Uhr und endet um 6.30 Uhr. "Vorschlafen geht nicht", allerdings schläft er nach Dienstende zu Hause erst mal bis mittags. Der Körper gewöhnt sich an den Rhythmus, "bei vier Nachtdiensten in Folge fallen die dritte und vierte Nacht leichter". Auch Martina Engels, Krankenschwester und Leiterin einer Normalstation, arbeitet durchschnittlich dreimal monatlich nachts. Schwierig sind Krankheitsausfälle beim Personal, die den Dienstplan kurzfristig verändern. Ihre Familie respektiert ihr Ruhebedürfnis nach langer Nacht. "Die Kinder sind ohnehin bis mittags in der Schule". Auch Silvester mussten sie auf Martina Engels verzichten, die weiß: "Nachtdienst gehört zum Berufsbild".

Schicht- und damit Nachtarbeit ist für produzierende Industriebetriebe wie apt Hiller, den Monheimer Hersteller von Profilen und Produkten aus Aluminium, Standard, "um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden", sagt Personalchefin Elena Alvanos-Flad.

Von den 285 Mitarbeitern arbeiten rund 175 jede dritte Woche regelmäßig nachts. Üblicherweise bleibt man in "seiner" Schicht, kann also lange privat vorausplanen. Es gibt allerdings betriebsinterne Rahmenbedingungen, die bei der Schichtplanung berücksichtigt werden. Für die abendliche oder nächtliche Arbeit gibt es entsprechend dem Metalltarif Zulagen, die teilweise steuerfrei sind.

(mmo)
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