Baumberg Lyrischer Spaziergang durch die Aue

Baumberg · Monika Lageschaar reichert die Naturerfahrung mit Gedichten und Gemälden an. Eigentlich arbeitet die Baumbergerin als Stewardess, machte aber eine Zusatz-Ausbildung zur "Auenerlebnisbegleiterin".

 Monika Lageschaar lässt die Teilnehmer alte Apfelsorten probieren und liest dazu das Uhland-Gedicht "Einkehr" vor.

Monika Lageschaar lässt die Teilnehmer alte Apfelsorten probieren und liest dazu das Uhland-Gedicht "Einkehr" vor.

Foto: Matzerath

Die graue Herbstrenette ist eine alte Apfelsorte, die für gewöhnlich in keinem Supermarkt erhältlich ist. Auf den Streuobstwiesen rund um Haus Bürgel ist sie allerdings auch heute noch zu finden. Um den Teilnehmern ihrer Wandergruppe eine Kostprobe bieten zu können, hat Monika Lageschaar einige Stückchen der Frucht im Gepäck - und das Gedicht "Einkehr" von Ludwig Uhland.

"Es war der gute Apfelbaum, bei dem ich eingekehret; mit süßer Kost und frischem Schaum hat er mich wohl genähret", liest die 51-Jährige aus einem Büchlein, während ihre Zuhörer die Renette probieren.

"Bissfest und trotzdem etwas mehlig", sei die Sorte, findet Monika Rafael. Als "sehr aromatisch" beschreibt hingegen Birgit Reinhardt-Weiser den Geschmack des Apfels. Sie sind zwei von insgesamt acht Teilnehmern einer Wanderung durch die Baumberger Aue. Das Gedicht von Uhland, meinen beide, steigere zudem den Genuss des Obstes. "Natur und Lyrik passen gut zusammen", findet Rafael.

Im Grunde hat Monika Lageschaar für die Tour ihre Hobbys kombiniert. Die Baumbergerin ist selbst oft in der Umgebung von Haus Bürgel unterwegs. Die Natur rund um das ehemalige Römerkastell hat einiges zu bieten. "Es handelt sich um eine der letzten nicht eingedeichten Auen in ganz NRW", weiß die Wanderführerin. "Durch die regelmäßigen Überschwemmungen ist ein vielfältiges Landschaftsmosaik entstanden, in dem Weich- und Harthölzer, seltene Wiesentypen sowie viele Kräuter- und Blumenarten wachsen." Auch beweidete Felder und Streuobstwiesen gehören dazu.

Das Idyllische an der Aue, meint Lageschaar, lasse sich vor allem durch Lyrik und Kunst verdeutlichen. Aus diesem Grund hat sie einige Texte und Repliken von Gemälden im Gepäck, die sie während der Wanderung rezitiert oder der Runde zeigt - von Johann Wolfgang von Goethe bis Claude Monet. Letzter habe zum Beispiel auch gerne Pappeln auf die Leinwand gebannt. Die Liebe des Künstlers für die Bäume sei sogar so weit gegangen, dass er Ende des 19. Jahrhunderts einige Exemplare vor der Fällung bewahrt habe.

"Es ist schön, dass es schon damals Menschen gab, die ein starkes Bewusstsein für die Natur hatten", meint eine Zuhörerin. Es ist eine bunt gemischte Gruppe, die sich gestern an Haus Bürgel eingefunden hat. Eine Eigenschaft verbindet die Teilnehmer allerdings: Die Freude an der frischen Luft zu sein. Und so geht es über die Wiesen zum Urdenbacher Altrhein. Während der Wind das Laub von den Bäumen pustet, berichtet Lageschaar von der laufenden Renaturierung des Gebiets. Auch auf die Kopfweiden in der Umgebung geht sie ein.

Die Bäume haben den alten Baumberger Familien den Rohstoff zum Korbflechten geliefert. Lange war das traditionelle Handwerk in der Rheingemeinde verbreitet - bis die industrielle Fertigung die Handarbeit ablöste. Eigentlich arbeitet Monika Lageschaar als Stewardess. Nach der Ausbildung zu einer "Auenerlebnisbegleiterin" bietet sie aber im Rahmen der Bürgeler Aktionstage die lyrische Wanderung an.

(RP)
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