Marina Lucyga "Mädchen haben das Recht, nein zu sagen"

Langenfeld · Marina Lucyga leitet den Kursus "Stark wie . . ." - zum Beispiel Pippi Langstrumpf. Ein Selbstbehauptungskursus für Mädchen im Kindergartenalter mit ihren Müttern, angeboten unter anderem auch im Kreis Mettmann.

Warum richtet sich Ihr Kursus an kleine Mädchen mit ihren Müttern?

Lucyga Mädchen nehmen sich ungefähr ab dem vierten Lebensjahr als bewusst weiblich wahr und suchen sich ihre weiblichen Vorbilder. Das kann die Mama, Oma, Tante sein. Sich dieser Vorbildrolle bewusst zu werden, ist mir ein wichtiges Anliegen. Starke Mädchen brauchen starke weibliche Vorbilder. Natürlich gibt es dieses Angebot auch für Jungs mit ihren Vätern - geleitet von einem männlichen Trainer.

Sie arbeiten mit Mädchen ab vier Jahren . . .

Lucyga Genau. Prävention muss so früh wie möglich beginnen, denn körperliche und seelische Verletzungen erleben schon sehr junge Kinder. Seien es Konflikte unter Gleichaltrigen oder ungewollte Zärtlichkeiten. Das Durchschnittsalter, in dem Kinder am häufigsten sexuelle Gewalt erleben, wird auf die Altersspanne zwischen sechs und zwölf geschätzt. Da sich die Angaben auf den Zeitpunkt der Aufdeckung beziehen, kann davon ausgegangen werden, dass der Beginn der Gewalt wesentlich früher liegt.

Was geben Sie den Mädchen mit?

Lucyga Das Ziel des Kurses ist es, Mädchen zu stärken, ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Sie lernen, Vertrauen in ihrer eigenen Einschätzung zu bekommen und zu handeln, wenn eine Lage unangenehm und bedrohlich wird.

Welche Situationen sind das?

Lucyga Alle möglichen Alltagssituationen. Die Teilnehmerinnen werden darin gestärkt, Grenzüberschreitungen ernst zu nehmen und zu handeln. Ein lautes "Nein" zu sagen, wenn mir jemand einfach etwas wegnehmen will, oder gegen meinen Willen mich küssen und anfassen will. Und wenn auf das Nein nicht gehört wird, sich Hilfe zu holen. Das ist kein Petzen!

Wie können Kinder sich wehren?

Lucyga Es gibt nicht die eine allgemeingültige Abwehrtechnik. Kinder können sich aber mit ihrer Stimme, ihrem Blick und ihrer Körperhaltung zur Wehr setzen. Prävention setzt aber schon früher an: Es ist wichtig, dass die Mädchen ihre eigenen Gefühle ernst nehmen. Dazu gehört auch, das eigene Ich anzunehmen, mit all den Stärken und Schwächen. Ihnen soll bewusst werden, dass sie das Recht haben, "Nein" zu sagen, und dass sie über ihren Körper selbst bestimmen dürfen.

Also spielt für die Selbstverteidigung das Selbstbewusstsein eine große Rolle?

Lucyga Es ist die Voraussetzung, um sich verteidigen zu können. Das Bewusstsein, dass jemand über ihre Grenzen geht, muss da sein, um darauf reagieren zu können.

Kann man Selbstbehauptung an zwei Tagen lernen?

Lucyga Natürlich kann ein Kursus mit sechs Zeitstunden nur ein Einstieg sein, ich möchte Anstöße und Anregungen geben. Erziehung und Prägung geschieht zu Hause. Unterstützend erhalten die Mädchen und die Mütter viel Material für die gemeinsame Weiterarbeit zu Hause.

Wie können Eltern das Themen mit ihren Kindern ansprechen?

Lucyga Ich empfehle ein gutes Bilderbuch, um sich dem Thema zu nähern, ohne den Kindern Angst zu machen. Schwierig ist die allgemeine Warnung vor Fremden: Kinder haben noch einen anderen Begriff von Fremden als wir Erwachsene. Hinzu kommt, dass zirka ein Viertel der Täter Fremdtäter sind, die Hälfte kommt aus dem außerfamiliären Nahraum und ein Viertel aus der Familie. Wenn man nur vor dem Fremden warnt, gibt man Kindern nichts an die Hand, wenn Grenzüberschreitungen von Menschen begangen werden, die sie kennen.

NATHALIE URBIG STELLE DIE FRAGEN

(RP)
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